(Kiel) Ver­ur­sacht ein 80-jäh­ri­ger Pedel­ec-Fah­rer einen Zusam­men­stoß mit einem Pkw, weil er mit sei­nem Pedel­ec ver­kehrs­wid­rig von einem Geh- und Rad­weg schräg auf die Fahr­bahn fährt, um nach links abzu­bie­gen, kann er für den Ver­kehrs­un­fall allein haften.

Dar­auf ver­weist der Lim­bur­ger Fach­an­walt für Ver­kehrs­recht Klaus Schmidt-Strunk, Vize­prä­si­dent des VdVKA — Ver­band deut­scher Ver­kehrs­rechts­An­wäl­te e. V. mit Sitz in Kiel, unter Hin­weis auf die Mit­tei­lung des Ober­lan­des­ge­richts (OLG) Hamm vom 21.03.2016 zu sei­nen Beschlüs­sen vom 08.01.2016 und vom 09.02.2016 (9 U 125/15).

Der sei­ner­zeit 80-jäh­ri­ge Klä­ger aus Hal­tern befuhr im Mai 2014 die Reck­ling­häu­ser Stra­ße in Fahr­rich­tung Reck­ling­hau­sen. Er benutz­te den rechts von der Fahr­bahn durch eine durch­ge­hen­de Linie abge­trenn­ten Geh- und Rad­weg. An der Kreu­zung mit der von rechts ein­mün­den­den Stra­ße Lip­pe­tal beab­sich­tig­te er nach links abzu­bie­gen, um die sich einer Häu­ser­zu­fahrt anschlie­ßen­de, dem Ver­lauf des Wesel-Dat­teln-Kanals fol­gen­de Zuwe­gung zu errei­chen. Zu die­sem Zweck fuhr er über die durch­ge­zo­ge­ne Linie in Rich­tung Fahr­bahn­mit­te. Auf der Fahr­bahn kam es zum Zusam­men­stoß mit dem Pkw Nis­san Mic­ra der erst­be­klag­ten Fah­re­rin aus Hal­tern. Der Nis­san berühr­te mit der rech­ten Ecke des vor­de­ren Stoß­fän­gers das Hin­ter­rad des Pedel­ec und brach­te die­ses zu Fall. Der Klä­ger stürz­te und erlitt Prel­lun­gen sowie Frak­tu­ren im Bereich sei­nes Beckens. Von der Erst­be­klag­ten und der zweit­be­klag­ten Haft­pflicht­ver­si­che­rung hat er 20.000 Euro Schmer­zens­geld und ca. 500 Euro mate­ri­el­len Scha­dens­er­satz, u.a. für das beschä­dig­te Pedel­ec, begehrt.

Die Scha­dens­er­satz­kla­ge ist erfolg­los geblie­ben. Den Klä­ger tref­fe, so der 9. Zivil­se­nat des Ober­lan­des­ge­richts Hamm, ein erheb­li­ches Eigen­ver­schul­den an dem Zustan­de­kom­men des Unfalls, wel­ches eine Haf­tung der Beklag­ten — auch unter dem Gesichts­punkt der von dem Pkw aus­ge­hen­den Betriebs­ge­fahr — aus­schlie­ße. Der Klä­ger habe die im Stra­ßen­ver­kehr erfor­der­li­che Sorg­falt in unge­wöhn­lich hohem Maße ver­letzt. Er habe ver­sucht, ohne die gebo­te­ne Rück­schau gleich­sam blind­links von dem rechts neben der Fahr­bahn ver­lau­fen­den Rad­weg über die gesam­te Brei­te der Stra­ße hin­weg in die gegen­über­lie­gen­de Zufahrt ein­zu­bie­gen. Um sich ver­kehrs­ge­recht zu ver­hal­ten, hät­te der Klä­ger bis zum Ein­mün­dungs­be­reich der Stra­ße Lip­pe­tal fah­ren müs­sen. Dort hät­te er die Reck­ling­häu­ser Stra­ße im rech­ten Win­kel über­que­ren müs­sen, sein Pedel­ec schie­bend oder wie ein aus der Stra­ße Lip­pe­tal kom­men­der Ver­kehrs­teil­neh­mer fah­rend. Bei dem aus­ge­führ­ten Fahr­ma­nö­ver habe der Klä­ger sei­ne Absicht abzu­bie­gen weder recht­zei­tig ange­kün­digt noch auf den hin­ter sei­nem Rücken her­an­na­hen­den Ver­kehr geach­tet. Die vom Klä­ger unver­mit­telt ein­ge­lei­te­te Schräg­fahrt habe dazu geführt, dass das Pedel­ec auf der Stra­ße in Sekun­den­bruch­tei­len ein brei­tes, gefähr­li­ches Hin­der­nis gebil­det habe.

Gegen­über die­sem gro­ben Fehl­ver­hal­ten des Klä­gers tre­te die Betriebs­ge­fahr des Beklag­ten­fahr­zeugs — ein Ver­schul­den der Erst­be­klag­ten am Zusam­men­stoß sei nicht bewie­sen — zurück.

Im vor­lie­gen­den Fall kön­ne der Erst­be­klag­ten nicht vor­ge­wor­fen wer­den, sich nicht auf das erkenn­bar höhe­re Alter des Klä­gers ein­ge­stellt zu haben. Zwar habe sich ein Fahr­zeug­füh­rer durch eine Ver­min­de­rung der Fahr­ge­schwin­dig­keit und durch Brems­be­reit­schaft so zu ver­hal­ten, dass einer Gefähr­dung von Kin­dern, Hilfs­be­dürf­ti­gen und älte­ren Men­schen aus­ge­schlos­sen sei. Dabei erfor­de­re aller­dings nicht jeder im Blick­feld eines Kraft­fah­rers erschei­nen­de Ver­kehrs­teil­neh­mer aus die­sem Per­so­nen­kreis ein sofor­ti­ges Her­ab­set­zen der eige­nen Geschwin­dig­keit. Eine sol­che Reak­ti­on sei erst dann gebo­ten, wenn das Ver­hal­ten der Per­son oder die Situa­ti­on, in der sie sich befin­de, Auf­fäl­lig­kei­ten zei­ge, die zu einer Gefähr­dung füh­ren könn­ten. Hier­von habe die Erst­be­klag­te vor dem Unfall nicht aus­ge­hen müs­sen. Bei ihrer Annä­he­rung an den auf einem abge­teil­ten und aus­rei­chend brei­ten Rad­weg fah­ren­den Klä­ger habe sie nicht allein auf­grund des höhe­ren Alters des Klä­gers damit rech­nen müs­sen, dass der Klä­ger die kon­kre­te Ver­kehrs­si­tua­ti­on nicht gefahr­los habe beherr­schen können.

Schmidt-Strunk emp­fahl, dies beach­ten und in der­ar­ti­gen Fäl­len unbe­dingt recht­li­chen Rat in Anspruch zu neh­men, wobei er dabei u. a. auch auf den VdVKA — Ver­band deut­scher Ver­kehrs­rechts­an­wäl­te e. V. – www.vdvka.de — verwies.

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