(Kiel) Eine wegen einer Ver­kehrs­ord­nungs­wid­rig­keit ver­folg­te Betrof­fe­ne kann sich nicht auf den Ein­tritt der Ver­fol­gungs­ver­jäh­rung beru­fen, wenn sie die ord­nungs­ge­mä­ße Zustel­lung des Buß­geld­be­schei­des in nicht ver­jähr­ter Zeit rechts­miss­bräuch­lich ver­hin­dert hat.

Dar­auf ver­weist der Lim­bur­ger Fach­an­walt für Ver­kehrs­recht Klaus Schmidt-Strunk, Vize­prä­si­dent des VdVKA — Ver­band deut­scher Ver­kehrs­rechts­An­wäl­te e. V. mit Sitz in Kiel, unter Hin­weis auf die Mit­tei­lung des Ober­lan­des­ge­richts (OLG) Hamm vom 9.04.2015 zu sei­nem rechts­kräf­ti­gen Beschluss vom 27.01.2015 (3 RBs 5/15).

Die heu­te 40 Jah­re alte Betrof­fe­ne aus Ber­lin befuhr mit ihrem Pkw BMW im August 2013 die Müns­ter­land­stra­ße in Güters­loh. Die dort auf 70 km/h begrenz­te Höchst­ge­schwin­dig­keit über­schritt sie um 42 km/h. Wegen die­ser Ord­nungs­wid­rig­keit über­sand­te die Buß­geld­be­hör­de der Betrof­fe­nen einen Anhö­rungs­bo­gen, den die Behör­de an die Anschrift der Eltern der Betrof­fe­nen in Har­se­win­kel über­mit­tel­te. Dort war die Betrof­fe­ne sei­ner­zeit noch gemel­det, obwohl sie bereits seit 2010 in Ber­lin wohn­te. Auf­grund des Anhö­rungs­schrei­bens mel­de­te sich im Sep­tem­ber 2013 ein Ver­tei­di­ger der Betrof­fe­nen zu den Akten. Im Okto­ber 2013 erließ die Buß­geld­be­hör­de einen Buß­geld­be­scheid, der der Betrof­fe­nen unter der Anschrift ihrer Eltern in Har­se­win­kel im Wege der Ersatz­zu­stel­lung zuge­stellt wur­de. Eine Abschrift des Buß­geld­be­schei­des erhielt ihr Ver­tei­di­ger, der noch im Okto­ber 2013 Ein­spruch ein­leg­te. Im Ver­lauf des wei­te­ren Ver­fah­rens wand­te die Betrof­fe­ne Ver­fol­gungs­ver­jäh­rung ein, weil ihr der Buß­geld­be­scheid nicht vor Ablauf der nach der Anhö­rung begin­nen­den drei­mo­na­ti­gen Ver­jäh­rungs­frist ord­nungs­ge­mäß zuge­stellt wor­den sei.

Das Amts­ge­richt ver­ur­teil­te die Betrof­fe­ne — unter Berück­sich­ti­gung ein­schlä­gi­ger Vor­be­las­tun­gen — wegen fahr­läs­si­ger Über­schrei­tung der zuläs­si­gen Höchst­ge­schwin­dig­keit zu einer Geld­bu­ße von 280 Euro und einem ein­mo­na­ti­gen Fahrverbot.

Die von der Betrof­fe­nen unter Hin­weis auf die Ver­jäh­rung gegen das Urteil ein­ge­leg­te Rechts­be­schwer­de ist erfolg­los geblie­ben. Der 3. Senat für Buß­geld­sa­chen des Ober­lan­des­ge­richts Hamm hat die Ver­ur­tei­lung der Betrof­fe­nen bestätigt.

Ver­fol­gungs­ver­jäh­rung sei — so der Senat — nicht ein­ge­tre­ten. Zwar sei die Ersatz­zu­stel­lung des Buß­geld­be­schei­des unter der Anschrift der Eltern der Betrof­fe­nen unwirk­sam gewe­sen, weil die Ersatz­zu­stel­lung vor­aus­set­ze, dass der Betrof­fe­ne an dem Ort der Zustel­lung tat­säch­lich woh­ne. Auf die feh­ler­haf­te Ersatz­zu­stel­lung und die des­we­gen abge­lau­fe­ne drei­mo­na­ti­ge Ver­jäh­rungs­frist kön­ne sich die Betrof­fe­ne aber nicht beru­fen, weil sie sich rechts­miss­bräuch­lich ver­hal­ten habe.

Zwar habe sie der Buß­geld­be­hör­de gegen­über im vor­lie­gen­den Ver­fah­ren nicht aktiv den Anschein erweckt, dass sie an ihrer Mel­de­an­schrift im Har­se­win­kel tat­säch­lich noch woh­ne. Die anwalt­lich bera­te­ne Betrof­fe­ne habe es aber im Hin­blick auf die von ihr als mög­li­cher­wei­se feh­ler­haft erkann­te Ersatz­zu­stel­lung bewusst unter­las­sen, der Buß­geld­be­hör­de ihren tat­säch­li­chen Wohn­sitz zu offen­ba­ren. Sie habe auf die­se Wei­se eine wirk­sa­me Zustel­lung des Buß­geld­be­schei­des ver­hin­dern wol­len, damit Ver­fol­gungs­ver­jäh­rung ein­tre­te könne.

Bei der Bewer­tung des Ver­hal­tens der Betrof­fe­nen sei zu berück­sich­ti­gen, dass sie sich bereits durch die unter­las­se­ne Ummel­dung ord­nungs­wid­rig ver­hal­ten habe. Zudem sol­le die vom Gesetz­ge­ber mit 3 Mona­ten bemes­se­ne Ver­jäh­rungs­frist zwi­schen der Anhö­rung und der Zustel­lung des Buß­geld­be­schei­des eine Buß­geld­be­hör­de dazu anhal­ten, einen Buß­geld­be­scheid im lau­fen­den Ver­fah­ren zügig zuzu­stel­len, nach­dem die Behör­de einen Betrof­fe­nen ange­hört habe. Die­sen gesetz­ge­be­ri­schen Zweck habe die Buß­geld­be­hör­de im vor­lie­gen­den Fall beach­tet. Das von ihr an die Anschrift in Har­se­win­kel ver­sand­te Anhö­rungs­schrei­ben habe die Betrof­fe­ne erhal­ten. Auch den Buß­geld­be­scheid habe die Buß­geld­be­hör­de recht­zei­tig zustel­len las­sen. Anhalts­punk­te für eine even­tu­ell unwirk­sa­me Ersatz­zu­stel­lung des Buß­geld­be­schei­des unter der Anschrift in Har­se­win­kel habe die Buß­geld­be­hör­de dabei nicht gehabt. Bei die­ser Sach­la­ge wider­spre­che es der Inten­ti­on des Gesetz­ge­bers, die Betrof­fe­ne in den Genuss der Ver­fol­gungs­ver­jäh­rung kom­men zu las­sen, nach­dem sie zuvor in ord­nungs­wid­ri­ger Wei­se gegen Mel­de­ge­set­ze ver­sto­ßen habe.

Die wei­te­re Über­prü­fung des ange­foch­te­nen Urteils erge­be kei­nen durch­grei­fen­den Rechts­feh­ler zum Nach­teil der Betrof­fe­nen. Die Fest­stel­lun­gen des Amts­ge­richts trü­gen die Ver­ur­tei­lung der Betrof­fe­nen wegen fahr­läs­si­ger Über­schrei­tung der zuläs­si­gen Höchst­ge­schwin­dig­keit und auch die vom Amts­ge­richt ver­häng­te Sanktion.

Schmidt-Strunk emp­fahl, dies beach­ten und in der­ar­ti­gen Fäl­len unbe­dingt recht­li­chen Rat in Anspruch zu neh­men, wobei er dabei u. a. auch auf den VdVKA — Ver­band deut­scher Ver­kehrs­rechts­an­wäl­te e. V. – www.vdvka.de — verwies.

 

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