(Kiel) Der unter ande­rem für die Lei­he und das gewerb­li­che Miet­recht zustän­di­ge XII. Zivil­se­nat des Bun­des­ge­richts­hofs hat­te zu ent­schei­den, ob der Betrei­ber eines pri­va­ten Park­plat­zes vom Hal­ter eines unter Ver­stoß gegen die Park­be­din­gun­gen abge­stell­ten Pkws ein sog. erhöh­tes Park­ent­gelt ver­lan­gen kann.

Dies, so der Erlan­ger Fach­an­walt für Ver­kehrs­recht Mar­cus Fischer, Vize­prä­si­dent des VdV­KA — Ver­band deut­scher Ver­kehrs­rechts­An­wäl­te e. V. mit Sitz in Kiel, unter Hin­weis auf die Mit­tei­lung des Bun­des­ge­richts­hofs zu sei­nem Urteil vom 18. Dezem­ber 2019 — XII ZR 13/19.

Die Klä­ge­rin, ein mit der Bewirt­schaf­tung pri­va­ten Park­raums befass­tes Unter­neh­men, betreibt für die jewei­li­gen Grund­stücks­ei­gen­tü­mer zwei Kran­ken­haus­park­plät­ze. Die­se sind durch Hin­weis­schil­der als Pri­vat­park­plät­ze aus­ge­wie­sen. Die Benut­zung ist für eine Höchst­park­dau­er mit Park­schei­be kos­ten­los; zudem gibt es geson­dert beschil­der­te, den Kran­ken­haus­mit­ar­bei­tern mit Park­aus­weis vor­be­hal­te­ne Stell­flä­chen. Durch Schil­der ist dar­auf hin­ge­wie­sen, dass bei wider­recht­lich abge­stell­ten Fahr­zeu­gen ein “erhöh­tes Park­ent­gelt” von min­des­tens 30 € erho­ben wird. Die Beklag­te ist Hal­te­rin eines Pkws, der im Okto­ber 2015 auf dem Park­platz des einen Kran­ken­hau­ses unter Über­schrei­tung der Höchst­park­dau­er sowie im Mai und im Dezem­ber 2017 unbe­rech­tigt auf einem Mit­ar­bei­ter­park­platz des ande­ren Kran­ken­hau­ses abge­stellt war. Die drei am Pkw hin­ter­las­se­nen Auf­for­de­run­gen zur Zah­lung eines “erhöh­ten Park­ent­gelts” blie­ben erfolg­los. Dar­auf­hin ermit­tel­te die Klä­ge­rin durch Hal­ter­an­fra­gen die Beklag­te als die Fahr­zeug­hal­te­rin. Die­se bestritt, an den betref­fen­den Tagen Fah­re­rin des Pkws gewe­sen zu sein, und ver­wei­ger­te die Zahlung.

Das Amts­ge­richt hat die auf Zah­lung der “erhöh­ten Park­ent­gel­te” sowie der Kos­ten der Hal­ter­an­fra­gen und von Inkas­so­kos­ten in einer Gesamt­hö­he von 214,50 € gerich­te­te Kla­ge abge­wie­sen. Das Land­ge­richt hat die hier­ge­gen gerich­te­te Beru­fung der Klä­ge­rin zurück­ge­wie­sen, weil Schuld­ner des “erhöh­ten Park­ent­gelts” nicht der Fahr­zeug­hal­ter, son­dern nur der Fah­rer sei und die Beklag­te wirk­sam ihre Fahr­er­ei­gen­schaft bestrit­ten habe.

Die dage­gen von der Klä­ge­rin ein­ge­leg­te Revi­si­on führ­te zur Auf­he­bung des ange­foch­te­nen Beru­fungs­ur­teils und zur Zurück­ver­wei­sung der Sache an das Landgericht.

Zwi­schen dem Betrei­ber eines pri­va­ten Park­plat­zes und dem Fahr­zeug­füh­rer kommt ein Nut­zungs­ver­trag zustan­de, indem der Fahr­zeug­füh­rer das in der Bereit­stel­lung des Park­plat­zes lie­gen­de Ange­bot durch das Abstel­len des Fahr­zeugs annimmt. Wird der Park­platz — wie hier — unent­gelt­lich zur Ver­fü­gung gestellt, han­delt es sich nicht um einen Miet‑, son­dern um einen Leih­ver­trag. Durch die Hin­weis­schil­der wird das “erhöh­te Park­ent­gelt” als Ver­trags­stra­fe in Form All­ge­mei­ner Geschäfts­be­din­gun­gen wirk­sam in den Ver­trag ein­be­zo­gen. Die Fest­le­gung mit min­des­tens 30 € ist hin­rei­chend bestimmt und der Höhe nach nicht unangemessen.

Zu Recht hat es das Land­ge­richt zwar abge­lehnt, eine Haf­tung der Klä­ge­rin für die­se Ver­trags­stra­fe allein aus ihrer Hal­ter­ei­gen­schaft abzu­lei­ten. Ins­be­son­de­re schul­det der Hal­ter kei­nen Scha­dens­er­satz wegen der Wei­ge­rung, die Per­son des Fahr­zeug­füh­rers zu benen­nen, weil ihn gegen­über dem Park­platz­be­trei­ber kei­ne ent­spre­chen­de Aus­kunfts­pflicht trifft.

Anders als das Land­ge­richt meint, hat die Beklag­te aber ihre Fahr­er­ei­gen­schaft nicht wirk­sam bestrit­ten. Ein Anscheins­be­weis dafür, dass der Hal­ter eines Kfz auch des­sen Fah­rer war, besteht aller­dings nicht, weil Hal­ter- und Fahr­er­ei­gen­schaft in der Lebens­wirk­lich­keit häu­fig aus­ein­an­der­fal­len. Jeden­falls wenn die Ein­räu­mung der Park­mög­lich­keit, wie im vor­lie­gen­den Fall, unent­gelt­lich in Form einer Lei­he erfolgt, kann sich der Hal­ter jedoch nicht auf ein ein­fa­ches Bestrei­ten sei­ner Fahr­er­ei­gen­schaft beschrän­ken. Viel­mehr muss er im Rah­men sei­ner sog. sekun­dä­ren Dar­le­gungs­last dazu vor­tra­gen, wer als Nut­zer des Pkws im frag­li­chen Zeit­punkt in Betracht kam.

Die grund­sätz­lich dem Klä­ger oblie­gen­de Dar­le­gungs- und Beweis­last, hier für die Fahr­er­ei­gen­schaft, kann nach den von der Recht­spre­chung zum Beweis nega­ti­ver Tat­sa­chen ent­wi­ckel­ten Grund­sät­zen eine Erleich­te­rung erfah­ren. Danach trifft den Pro­zess­geg­ner eine sekun­dä­re Dar­le­gungs­last, wenn die pri­mär dar­le­gungs­pflich­ti­ge Par­tei kei­ne nähe­re Kennt­nis der maß­geb­li­chen Umstän­de und auch kei­ne Mög­lich­keit zur wei­te­ren Sach­auf­klä­rung hat, wäh­rend der Pro­zess­geg­ner alle wesent­li­chen Tat­sa­chen kennt und es ihm unschwer mög­lich und zumut­bar ist, hier­zu näher vor­zu­tra­gen. Die­se Vor­aus­set­zun­gen hat der XII. Zivil­se­nat für den vor­lie­gen­den Fall bejaht.

Denn beim Par­ken auf einem pri­va­ten Park­platz han­delt es sich um ein anony­mes Mas­sen­ge­schäft, bei dem der Park­platz nicht einem bestimm­ten Ver­trags­part­ner, son­dern der All­ge­mein­heit zur — regel­mä­ßig kurz­zei­ti­gen — Nut­zung ange­bo­ten wird. Zu einem per­sön­li­chen Kon­takt zwi­schen Betrei­ber und Fah­rer als den bei­den Ver­trags­par­tei­en kommt es regel­mä­ßig nicht. Dies hat zwangs­läu­fig zur Fol­ge, dass dem Ver­lei­her die Per­son des Fahr­zeug­füh­rers als des Ent­lei­hers nicht bekannt ist. Dass der Park­platz­be­trei­ber das Abstel­len des Fahr­zeugs nicht von einer vor­he­ri­gen Iden­ti­fi­zie­rung des Fahr­zeug­füh­rers abhän­gig macht, ist Bestand­teil die­ses Mas­sen­ge­schäfts und liegt im Inter­es­se der auf den ein­fa­chen Zugang auch zu pri­va­ten Park­plät­zen ange­wie­se­nen Ver­kehr­s­öf­fent­lich­keit. Er hat kei­ne zumut­ba­re Mög­lich­keit, die Iden­ti­tät sei­nes Ver­trags­part­ners bei Vor­lie­gen eines unbe­rech­tig­ten Abstell­vor­gangs und damit einer Ver­let­zung sei­ner letzt­lich aus dem Eigen­tum fol­gen­den Rech­te im Nach­hin­ein in Erfah­rung zu brin­gen. Selbst wenn er — mit­tels gestei­ger­ten Per­so­nal­auf­wands — den Fah­rer bei des­sen Rück­kehr zum Fahr­zeug anhal­ten wür­de, könn­te er des­sen Per­so­na­li­en eben­so wenig ohne wei­te­res fest­stel­len wie auf der Grund­la­ge etwa von Video­auf­nah­men. Jeden­falls von dem­je­ni­gen, der Pri­vat­park­plät­ze unent­gelt­lich zur Ver­fü­gung stellt, kann auch nicht die Errich­tung tech­ni­scher Anla­gen (etwa eines Schran­ken­sys­tems) gefor­dert wer­den, die letzt­lich allein der Ver­hü­tung des Miss­brauchs die­ses Ange­bots dienen.

Im Gegen­satz dazu ist es dem Hal­ter, der unter Beach­tung sei­ner pro­zes­sua­len Wahr­heits­pflicht bestrei­tet, selbst gefah­ren zu sein, regel­mä­ßig selbst mit einem gewis­sen zeit­li­chen Abstand ohne wei­te­res mög­lich und zumut­bar, jeden­falls die Per­so­nen zu benen­nen, die im frag­li­chen Zeit­raum die Mög­lich­keit hat­ten, das Fahr­zeug als Fah­rer zu nut­zen. Denn er hat es regel­mä­ßig in der Hand, wem er das Fahr­zeug überlässt.

Das Land­ge­richt wird der Beklag­ten daher nun Gele­gen­heit zu einem wirk­sa­men Bestrei­ten ihrer Fahr­er­ei­gen­schaft unter Anga­be der als Fah­rer im Zeit­punkt des jewei­li­gen Park­ver­sto­ßes in Betracht kom­men­den Per­son ein­zu­räu­men und dann neu zu ent­schei­den haben.

Fischer riet, das Urteil zu beach­ten und in allen Zwei­fels­fäl­len unbe­dingt recht­li­chen Rat in Anspruch zu neh­men, wobei er dabei u. a. auch auf den VdV­KA — Ver­band deut­scher Ver­kehrs­rechts­an­wäl­te e. V. – www.vdvka.de — verwies.

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