(Kiel) Der Bun­des­ge­richts­hof hat sich in einer Ent­schei­dung mit der Fra­ge befasst, ob ein Käu­fer, dem der gekauf­te Neu­wa­gen mit einem (gering­fü­gi­gen) Lack­krat­zer ange­lie­fert wur­de, das Fahr­zeug “zurück­wei­sen” darf.

Dar­auf ver­weist der Erlan­ger Fach­an­walt für Ver­kehrs­recht Mar­cus Fischer, Vize­prä­si­dent des VdV­KA — Ver­band deut­scher Ver­kehrs­rechts­An­wäl­te e. V. mit Sitz in Kiel, unter Hin­weis auf die Mit­tei­lung des Bun­des­ge­richts­hofs (BGH) vom 26.10.2016 zu sei­nem Urteil vom sel­ben Tage, Az. VIII ZR 211/15.

Der Beklag­te bestell­te im Jahr 2013 bei der Klä­ge­rin ein Neu­fahr­zeug der Mar­ke Fiat. Die Par­tei­en ver­ein­bar­ten kos­ten­freie Aus­lie­fe­rung des Fahr­zeugs am Wohn­sitz des Käu­fers. Bei der Aus­lie­fe­rung durch eine von der Klä­ge­rin beauf­trag­te Spe­di­ti­on wies das Fahr­zeug einen Lack­scha­den an der Fah­rer­tür auf. Im Lie­fer­schein der Spe­di­ti­on ist inso­weit ver­merkt: “Klei­ne Del­le Fah­rer­tür, Kos­ten für Aus­bes­se­rung wer­den von… [der Klä­ge­rin]… über­nom­men.” Noch am glei­chen Tag erklär­te der Beklag­te, dass er das Fahr­zeug “zurück­wei­se” und den Kauf­preis nicht frei­ge­be. Die Klä­ge­rin mach­te gel­tend, es han­de­le sich um einen “Baga­tell­scha­den” und ver­lang­te Über­wei­sung des voll­stän­di­gen Kauf­prei­ses. Der Beklag­te über­sand­te ihr dar­auf­hin den Kos­ten­vor­anschlag eines Auto­la­ckier­be­trie­bes, wonach Lackier­kos­ten in Höhe von 528,30 € ent­stün­den. Die Klä­ge­rin erklär­te dar­auf­hin, sie wer­de bei Vor­la­ge des Ori­gi­nals der Repa­ra­tur­rech­nung ohne Aner­ken­nung einer Rechts­pflicht maxi­mal 300 € übernehmen.

Da die Par­tei­en sich nicht einig­ten, hol­te die Klä­ge­rin das Fahr­zeug im August 2013 beim Beklag­ten ab, ließ den Lack­scha­den behe­ben und lie­fer­te das Fahr­zeug im Okto­ber 2013 wie­der an den Beklag­ten aus, der dar­auf­hin den gesam­ten Kauf­preis zahl­te. Mit ihrer Kla­ge begehrt die Klä­ge­rin Ersatz von Trans­port­kos­ten für die Rück­ho­lung und Wie­der­aus­lie­fe­rung des Fahr­zeugs, fer­ner “Stand­geld” sowie Ver­zugs­zin­sen auf den Kauf­preis, ins­ge­samt 1.138,64 €. Die Kla­ge blieb in allen Instan­zen ohne Erfolg.

  • Die Ent­schei­dung des Bundesgerichtshofs:

Der unter ande­rem für das Kauf­recht zustän­di­ge VIII. Zivil­se­nat des Bun­des­ge­richts­hofs hat ent­schie­den, dass der Käu­fer auch bei gering­fü­gi­gen (beheb­ba­ren) Män­geln — wie dem hier vor­lie­gen­den Lack­scha­den — grund­sätz­lich weder den Kauf­preis zah­len noch das Fahr­zeug abneh­men muss, bevor der Man­gel besei­tigt ist.

Nach § 433 Abs. 1 Satz 2 BGB hat der Ver­käu­fer dem Käu­fer die Sache frei von Sach- und Rechts­män­geln zu ver­schaf­fen. Hier­aus folgt das Recht des Käu­fers, vom Ver­käu­fer die Besei­ti­gung von Män­geln der Sache zu ver­lan­gen und bis dahin die Zah­lung des (gesam­ten) Kauf­prei­ses nach § 320 Abs. 1 Satz 1 BGB  und die Abnah­me des Fahr­zeugs nach § 273 Abs. 1 BGB zu ver­wei­gern. Die­se Rech­te ste­hen dem Käu­fer bei einem beheb­ba­ren Man­gel auch dann zu, wenn er — wie der hier vor­lie­gen­de Lack­scha­den — gering­fü­gig ist.

Zwar kön­nen der Aus­übung des Zurück­be­hal­tungs­rechts bei beson­de­ren Umstän­den des Ein­zel­falls (aus­nahms­wei­se) mit Rück­sicht auf Treu und Glau­ben Schran­ken gesetzt sein. Der­ar­ti­ge beson­de­re Umstän­de lagen hier indes nicht vor. Im Gegen­teil hat­te die Klä­ge­rin dem Beklag­ten zunächst nicht ein­mal ange­bo­ten, selbst für eine ord­nungs­ge­mä­ße Behe­bung des Lack­scha­dens zu sor­gen und so ihrer Erfül­lungs­pflicht als Ver­käu­fe­rin nach­zu­kom­men. Sie hat­te sich näm­lich ledig­lich zu einer Über­nah­me der Repa­ra­tur­kos­ten bereit erklärt. Es oblag jedoch nicht dem beklag­ten Käu­fer, einen Repa­ra­tur­auf­trag zu ertei­len, son­dern die Klä­ge­rin hat­te die Repa­ra­tur im Rah­men der Erfül­lung ihrer Ver­käu­fer­pflich­ten in eige­ner Ver­ant­wor­tung und auf eige­nes Risi­ko zu ver­an­las­sen. Zudem hat die Klä­ge­rin selbst an der (unzu­rei­chen­den) Bereit­schaft zur Über­nah­me der Kos­ten nicht unein­ge­schränkt fest­ge­hal­ten, son­dern eine Ober­gren­ze von 300 € gesetzt, so dass den Beklag­ten das Risi­ko der Werk­statt­kos­ten, ein­schließ­lich eines etwa­igen unwirt­schaft­li­chen oder unsach­ge­mä­ßen Arbei­tens des Werk­statt­be­trie­bes, getrof­fen hätte.

Bei den von der Klä­ge­rin gel­tend gemach­ten Auf­wen­dun­gen (Trans­port­kos­ten, “Stand­geld”) han­del­te es sich im Übri­gen um Kos­ten, die zur ord­nungs­ge­mä­ßen Erfül­lung des Kauf­ver­tra­ges erfor­der­lich waren und die des­halb ohne­hin von ihr als Ver­käu­fe­rin zu tra­gen waren.

Fischer riet, dies zu beach­ten und in allen Zwei­fels­fäl­len unbe­dingt recht­li­chen Rat in Anspruch zu neh­men, wobei er dabei u. a. auch auf den VdV­KA — Ver­band deut­scher Ver­kehrs­rechts­an­wäl­te e. V. – www.vdvka.de — verwies.

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Mar­cus Fischer
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