(Kiel) Der Bun­des­ge­richts­hof hat ent­schie­den, dass die in den All­ge­mei­nen Geschäfts­be­din­gun­gen einer Finan­zie­rungs­bank ent­hal­te­ne Klau­sel über die Siche­rungs­ab­tre­tung von Ansprü­chen des Käu­fers und Dar­le­hens­neh­mers gegen den Ver­käu­fer und Her­stel­ler eines Die­sel­fahr­zeugs Ansprü­che auf Scha­dens­er­satz aus uner­laub­ter Hand­lung erfasst und unwirk­sam ist.

Dar­auf ver­weist der Erlan­ger Fach­an­walt für Straf- und Ver­kehrs­recht Mar­cus Fischer, Vize­prä­si­dent des VdVKA — Ver­band deut­scher Ver­kehrs­rechts­An­wäl­te e. V. mit Sitz in Kiel, unter Hin­weis auf die Mit­tei­lung des Bun­des­ge­richts­hofs (BGH) zu sei­nem Urteil vom 24. April 2023 – VIa ZR 1517/22.

  • Sach­ver­halt und bis­he­ri­ger Prozessverlauf:

Der Klä­ger nimmt die beklag­te Fahr­zeug­her­stel­le­rin wegen der Ver­wen­dung einer unzu­läs­si­gen Abschalt­ein­rich­tung auf Scha­dens­er­satz in Anspruch.

Im März 2019 erwarb der Klä­ger von der Beklag­ten als Ver­käu­fe­rin einen Mer­ce­des GLC 250 für 55.335,89 € als Neu­wa­gen. Das Fahr­zeug ist mit einem Die­sel­mo­tor der Bau­rei­he OM 651 (Schad­stoff­klas­se EURO 6) aus­ge­stat­tet Der Klä­ger leis­te­te eine Anzah­lung in Höhe von 9.140 € an die Beklag­te. Den Kauf­preis finan­zier­te er im Übri­gen in Höhe von 46.195,89 € teil­wei­se noch valu­tie­rend bei einer Bank (künf­tig Dar­le­hens­ge­be­rin). Dem Dar­le­hens­ver­trag lagen die All­ge­mei­nen Geschäfts­be­din­gun­gen der Dar­le­hens­ge­be­rin zugrun­de. Dort hieß es unter anderem:

II. Sicher­hei­ten

Der Dar­le­hens­neh­mer räumt dem Dar­le­hens­ge­ber zur Siche­rung aller gegen­wär­ti­gen und bis zur Rück­zah­lung des Dar­le­hens noch ent­ste­hen­den sowie beding­ten und befris­te­ten Ansprü­che des Dar­le­hens­ge­bers aus der Geschäfts­ver­bin­dung ein­schließ­lich einer etwai­gen Rück­ab­wick­lung, gleich aus wel­chem Rechts­grund, Sicher­hei­ten gemäß nach­ste­hen­den Zif­fern 1–3 ein. […] 

[…]

  1. Abtre­tung von sons­ti­gen Ansprüchen 

Der Dar­le­hens­neh­mer tritt fer­ner hier­mit fol­gen­de – gegen­wär­ti­ge und zukünf­ti­ge – Ansprü­che an den Dar­le­hens­ge­ber ab, […] [der] die­se Abtre­tung annimmt: 

[…]

- gegen die [Beklag­te] […], gleich aus wel­chem Rechts­grund. Aus­ge­nom­men von der Abtre­tung sind Gewähr­leis­tungs­an­sprü­che aus Kauf­ver­trag des Dar­le­hens­neh­mers gegen die […] [Beklag­te] oder einen Ver­tre­ter der […] [Beklag­ten]. Der Dar­le­hens­neh­mer hat dem Dar­le­hens­ge­ber auf Anfor­de­rung jeder­zeit die Namen und Anschrif­ten der Dritt­schuld­ner mitzuteilen. 

[…]

  1. Rück­ga­be der Sicherheiten 

Der Dar­le­hens­ge­ber ver­pflich­tet sich, nach Weg­fall des Siche­rungs­zwe­ckes (alle Zah­lun­gen unan­fecht­bar erfolgt) sämt­li­che Siche­rungs­rech­te (Abschnitt II. Ziff. […] 3) zurück­zu­über­tra­gen […] Bestehen meh­re­re Sicher­hei­ten, hat der Dar­le­hens­ge­ber auf Ver­lan­gen des Dar­le­hens­neh­mers schon vor­her nach […] [sei­ner] Wahl ein­zel­ne Sicher­hei­ten oder Tei­le davon frei­zu­ge­ben, falls deren rea­li­sier­ba­rer Wert 120% der gesi­cher­ten Ansprü­che des Dar­le­hens­ge­bers überschreitet […]” 

Der Klä­ger hat die Beklag­te in den Vor­in­stan­zen unter dem Gesichts­punkt des Rück­tritts vom Kauf­ver­trag und unter dem Gesichts­punkt einer delik­ti­schen Schä­di­gung wegen des Inver­kehr­brin­gens des Fahr­zeugs auf Zah­lung nebst Ver­zugs­zin­sen an sich sowie auf Frei­stel­lung von rest­li­chen Dar­le­hens­ra­ten, Zug um Zug gegen Über­ga­be und Über­tra­gung des Anwart­schafts­rechts auf Rück­über­eig­nung des Fahr­zeugs, in Anspruch genom­men. Wei­ter hat er auf Fest­stel­lung des Annah­me­ver­zugs und die Erstat­tung von vor­ge­richt­li­chen Rechts­an­walts­kos­ten ange­tra­gen. Das Land­ge­richt hat die Kla­ge abge­wie­sen, das Beru­fungs­ge­richt hat die Beru­fung des Klä­gers zurück­ge­wie­sen. Mit sei­ner vom Beru­fungs­ge­richt zuge­las­se­nen Revi­si­on hat der Klä­ger sei­ne zweit­in­stanz­lich gestell­ten Anträ­ge wei­ter­ver­folgt, soweit er sie auf eine uner­laub­te Hand­lung der Beklag­ten durch das Inver­kehr­brin­gen des Fahr­zeugs stützt.

  • Ent­schei­dung des Bundesgerichtshofs:

Der Bun­des­ge­richts­hof hat das Urteil des Beru­fungs­ge­richts auf­ge­ho­ben und die Sache zur neu­en Ver­hand­lung und Ent­schei­dung an das Beru­fungs­ge­richt zurückverwiesen.

Das Beru­fungs­ge­richt hat zwar rechts­feh­ler­frei erkannt, bei der Siche­rungs­ab­tre­tung von Ansprü­chen gegen die Beklag­te “gleich aus wel­chem Rechts­grund” han­de­le es sich um eine vor­for­mu­lier­te All­ge­mei­ne Geschäfts­be­din­gung, die Bestand­teil des Dar­le­hens­ver­trags gewor­den ist. Es hat aber unzu­tref­fend ange­nom­men, die Abtre­tungs­klau­sel sei wirk­sam, so dass der Klä­ger nicht aktiv­le­gi­ti­miert sei.

Die Abtre­tungs­klau­sel ist so zu ver­ste­hen, mit Aus­nah­me von Gewähr­leis­tungs­an­sprü­chen aus Kauf­ver­trag erfas­se sie jeden­falls sämt­li­che mit dem Erwerb des Fahr­zeugs in Zusam­men­hang ste­hen­den Ansprü­che des Klä­gers gegen die Beklag­te. Damit sind auch sol­che For­de­run­gen erfasst, die dem Dar­le­hens­neh­mer als Ver­brau­cher im Rah­men des von § 355 Abs. 3 Satz 1, § 358 Abs. 4 Satz 5 BGB gere­gel­ten Rück­ab­wick­lungs­ver­hält­nis­ses nach Wider­ruf der auf Abschluss des Dar­le­hens­ver­trags gerich­te­ten Wil­lens­er­klä­rung gegen die Beklag­te erwachsen.

So ver­stan­den hält die Abtre­tungs­klau­sel einer Inhalts­kon­trol­le nach § 307 Abs. 1 und 2 Nr. 1, §§ 134, 361 Abs. 2 Satz 1, § 355 Abs. 3 Satz 1, § 358 Abs. 4 Satz 5 BGB ohne Wer­tungs­mög­lich­keit nicht stand, weil sie zulas­ten des Klä­gers als Ver­brau­cher und Ver­trags­part­ner zwei­er ver­bun­de­ner Ver­trä­ge von zu sei­nen Guns­ten zwin­gen­den Vor­schrif­ten abweicht.

Nach § 358 Abs. 4 Satz 1 BGB in der auf das Ver­trags­ver­hält­nis zwi­schen dem Klä­ger und der Dar­le­hens­ge­be­rin gel­ten­den Fas­sung fin­det in Fäl­len, in denen wie hier der Kauf­ver­trag über das Fahr­zeug und der All­ge­mein-Ver­brau­cher­dar­le­hens­ver­trag ver­bun­de­ne Ver­trä­ge im Sin­ne des § 358 Abs. 3 BGB dar­stel­len, im Fal­le des Wider­rufs unter ande­rem § 355 Abs. 3 Satz 1 BGB Anwen­dung, dem­zu­fol­ge die emp­fan­ge­nen Leis­tun­gen unver­züg­lich zurück­zu­ge­wäh­ren sind. Dabei tritt nach § 358 Abs. 4 Satz 5 BGB der Dar­le­hens­ge­ber im Ver­hält­nis zum Ver­brau­cher (hier dem Dar­le­hens­neh­mer und Käu­fer) hin­sicht­lich der Rechts­fol­gen des Wider­rufs in die Rech­te und Pflich­ten des Unter­neh­mers aus dem ver­bun­de­nen Ver­trag (hier des Ver­käu­fers) ein, wenn das Dar­le­hen dem Unter­neh­mer (hier dem Ver­käu­fer) bei Wirk­sam­wer­den des Wider­rufs bereits zuge­flos­sen ist. § 358 Abs. 4 Satz 5 BGB ord­net unter der Vor­aus­set­zung, dass das Dar­le­hen bereits an den Unter­neh­mer (hier den Ver­käu­fer) geflos­sen ist, eine gesetz­li­che Schuld­über­nah­me bzw. einen gesetz­li­chen Schuld­ner­wech­sel und einen Anspruchs­über­gang an. Infol­ge die­ser gesetz­li­chen Schuld­über­nah­me ist der Dar­le­hens­ge­ber auf­grund der (halb-)zwingenden Vor­ga­be des § 358 Abs. 4 Satz 5 BGB zuguns­ten des Ver­brau­chers (hier des Dar­le­hens­neh­mers und Käu­fers) mit dem Wirk­sam­wer­den des Wider­rufs ver­pflich­tet, eine aus eige­nen Mit­teln des Dar­le­hens­neh­mers und Käu­fers an den Unter­neh­mer (hier den Ver­käu­fer) geleis­te­te Anzah­lung an den Dar­le­hens­neh­mer zu erstatten.

Die von der Dar­le­hens­ge­be­rin in den Dar­le­hens­ver­trag ein­ge­führ­te Abtre­tungs­klau­sel weicht von die­sen zuguns­ten des Klä­gers zwin­gen­den gesetz­li­chen Vor­ga­ben ab. Sie führt in Fäl­len, in denen die Beklag­te als Ver­käu­fe­rin den Kauf­preis ver­ein­nahmt hat, das Wider­rufs­recht aber noch fort­be­steht und vom Käu­fer und Dar­le­hens­neh­mer spä­ter aus­ge­übt wird, dazu, dass der Käu­fer und Dar­le­hens­neh­mer ent­ge­gen § 358 Abs. 4 Satz 5 BGB eine von ihm aus eige­nen Mit­teln erbrach­te Anzah­lung auch dann nicht ein­re­de­frei her­aus­ver­lan­gen oder mit einem Anspruch auf Rück­ge­währ der Anzah­lung auch dann nicht gegen einen Anspruch des Dar­le­hens­ge­bers auf Wert­er­satz auf­rech­nen kann, wenn er sei­ner gesetz­li­chen Vor­leis­tungs­pflicht auf Rück­ga­be des Fahr­zeugs genügt hat. Denn auch in die­sem Fall dient die zunächst gegen die Beklag­te begrün­de­te und im Wege des Schuld­ner­wech­sels gegen die Dar­le­hens­ge­be­rin fort­be­stehen­de For­de­rung auf Rück­ge­währ der Anzah­lung, wenn sie nicht schon wegen einer Ver­ei­ni­gung von Schuld­ner und Gläu­bi­ger der For­de­rung erlischt, nach den All­ge­mei­nen Geschäfts­be­din­gun­gen der Dar­le­hens­ge­be­rin der Siche­rung aller Ansprü­che der Dar­le­hens­ge­be­rin und damit im Fal­le des Wider­rufs auch der Siche­rung eines vom Ver­käu­fer auf die Dar­le­hens­ge­be­rin über­ge­lei­te­ten Anspruchs auf Wert­er­satz. Der auf­grund der Siche­rungs­ab­tre­tung nicht aktiv­le­gi­ti­mier­te Käu­fer und Dar­le­hens­neh­mer müss­te daher auch dann, wenn er sei­ner Vor­leis­tungs­pflicht im Hin­blick auf das Fahr­zeug genügt hät­te, mit der Leis­tung von Wert­er­satz wegen der Nut­zung des Fahr­zeugs in Vor­leis­tung tre­ten, ohne sich nach dem Fäl­lig­wer­den sei­ner For­de­run­gen aus dem Rück­ge­währ­schuld­ver­hält­nis von die­ser Leis­tungs­pflicht durch eine Auf­rech­nung mit sei­nem Anspruch auf Rück­ge­währ der Anzah­lung befrei­en zu kön­nen. Dar­in läge mit der Fol­ge der Unwirk­sam­keit der Klau­sel eine Ver­schlech­te­rung der Posi­ti­on des Käu­fers und Dar­le­hens­neh­mers gegen­über den gesetz­li­chen Vor­ga­ben zur Rück­ab­wick­lung ver­bun­de­ner Ver­trä­ge nach Widerruf.

Die wegen ihrer Abwei­chung von der zuguns­ten des Klä­gers als Käu­fer und Dar­le­hens­neh­mer zwin­gen­den gesetz­li­chen Vor­ga­be ohne Wer­tungs­mög­lich­keit unwirk­sa­me for­mu­lar­mä­ßi­ge Siche­rungs­ab­tre­tung sämt­li­cher Ansprü­che gegen die Beklag­te mit Aus­nah­me sol­cher aus kauf­recht­li­cher Gewähr­leis­tung kann nicht mit der Maß­ga­be auf­recht­erhal­ten wer­den, dass ande­re Ansprü­che als sol­che aus einem Rück­ge­währ­schuld­ver­hält­nis nach Wider­ruf und damit sol­che aus einer uner­laub­ten Hand­lung der Beklag­ten wirk­sam abge­tre­ten sind. Ein sol­ches Ver­ständ­nis lie­fe auf eine gel­tungs­er­hal­ten­de Reduk­ti­on hin­aus, die nach stän­di­ger Recht­spre­chung des Bun­des­ge­richts­hofs unzu­läs­sig ist. Dar­auf, dass der Klä­ger hier sei­ne auf Abschluss des Dar­le­hens­ver­trags gerich­te­te Wil­lens­er­klä­rung nicht wider­ru­fen hat, son­dern aus uner­laub­ter Hand­lung gegen die Beklag­te vor­geht, kommt es nicht an. Die Klau­sel ist zu weit gefasst. Damit ist sie ins­ge­samt unwirk­sam und der Klä­ger ohne Rück­sicht auf einen Wider­ruf mög­li­cher Inha­ber von Ansprü­chen aus uner­laub­ter Hand­lung gegen die Beklagte.

Das Beru­fungs­ge­richt wird nach Zurück­ver­wei­sung nun­mehr in der Sache zu klä­ren haben, ob die Beklag­te dem Klä­ger aus uner­laub­ter Hand­lung haftet.

Fischer riet, das Urteil zu beach­ten und in allen Zwei­fels­fäl­len unbe­dingt recht­li­chen Rat in Anspruch zu neh­men, wobei er dabei u. a. auch auf den VdVKA — Ver­band deut­scher Ver­kehrs­rechts­an­wäl­te e. V. – www.vdvka.de — ver­wies. 

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Mar­cus Fischer
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