(Kiel) Das Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richt hat in einem am 03. Sep­tem­ber 2010 bekannt gege­be­nen Beschluss eine Ver­fas­sungs­be­schwer­de gegen die Anfer­ti­gung von Video­auf­nah­men zum Beweis von Ver­kehrs­ver­stö­ßen nicht zur Ent­schei­dung angenommen.

Dar­auf ver­weist der Bad Nau­hei­mer Fach­an­walt für Ver­kehrs­recht Roma­nus Schlemm, Vize­prä­si­dent des VdV­KA — Ver­band deut­scher Ver­kehrs­rechts­An­wäl­te e. V. mit Sitz in Kiel,  unter Hin­weis auf den am  03. Sep­tem­ber 2010 bekannt gege­be­nen Beschluss des Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richts (BVerfG) vom 06.07.2010 — 2 BvR 1447/10.

Der Beschwer­de­füh­rer wur­de vom Amts­ge­richt wegen fahr­läs­si­ger  Unter­schrei­tung des erfor­der­li­chen Sicher­heits­ab­stan­des im  Stra­ßen­ver­kehr zu einer Geld­bu­ße ver­ur­teilt. Die Ver­ur­tei­lung stützt  sich im Wesent­li­chen auf das Ergeb­nis der durch eine geeich­te Anla­ge  vor­ge­nom­me­nen Abstands­mes­sung sowie die dabei ange­fer­tig­ten Video­auf­nah­men, auf denen der Beschwer­de­füh­rer zu erken­nen ist. Das  Ober­lan­des­ge­richt ver­warf des­sen Rechts­be­schwer­de als unbegründet. 

Sei­ne hier­ge­gen erho­be­ne Ver­fas­sungs­be­schwer­de hat die 2. Kam­mer des Zwei­ten Senats des Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richts nicht zur Ent­schei­dung ange­nom­men, betont Schlemm. 

Die Ver­fas­sungs­be­schwer­de hat kei­ne grund­sätz­li­che Bedeu­tung. Des Wei­te­ren ist der Beschwer­de­füh­rer durch die ange­grif­fe­nen  Ent­schei­dun­gen weder in sei­nem all­ge­mei­nen Per­sön­lich­keits­recht aus Art. 2 Abs. 1 i. V. m. Art. 1 Abs. 1 GG ver­letzt noch ver­sto­ßen die­se gegen das Willkürverbot. 

Es ist ver­fas­sungs­recht­lich nicht zu bean­stan­den, dass die Gerich­te die Vor­schrift des § 100h Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 StPO als Rechts­grund­la­ge für die Anfer­ti­gung von Video­auf­nah­men zum Beweis von Ver­kehrs­ver­stö­ßen her­an­ge­zo­gen haben. Die Norm erlaubt die Anfer­ti­gung von Bild­auf­nah­men ohne Wis­sen des Betrof­fe­nen, wenn die Erfor­schung des Sach­ver­halts auf ande­re Wei­se weni­ger Erfolg ver­spre­chend oder erschwert wäre. Dies gilt sowohl für die Anfer­ti­gung von Ein­zel­auf­nah­men als auch von Video­auf­nah­men. Auch die Aus­le­gung und Anwen­dung die­ser Norm durch die Fach­ge­rich­te zeigt kei­ne Ver­let­zung spe­zi­fi­schen Ver­fas­sungs­rechts. Zwar stel­len Bild­auf­nah­men mit­tels einer Iden­ti­fi­zie­rungs­ka­me­ra einen Ein­griff in das Recht des Betrof­fe­nen auf infor­ma­tio­nel­le Selbst­be­stim­mung dar. Der Zweck der­ar­ti­ger Maß­nah­men der Ver­kehrs­über­wa­chung, näm­lich die Auf­recht­erhal­tung der Sicher­heit des Stra­ßen­ver­kehrs und damit der Schutz von Rechts­gü­tern mit erheb­li­chem Gewicht, recht­fer­ti­gen jedoch eine Beschrän­kung der grund­recht­li­chen Frei­hei­ten. Dabei ist zu berück­sich­ti­gen, dass, auch wenn es sich um ver­deck­te Daten­er­he­bun­gen han­delt, nur Vor­gän­ge auf öffent­li­chen Stra­ßen auf­ge­zeich­net wer­den, die grund­sätz­lich für jeder­mann wahr­nehm­bar sind. Die Maß­nah­me zielt zudem nicht auf Unbe­tei­lig­te, son­dern aus­schließ­lich auf Fahr­zeug­füh­rer, die selbst Anlass zur Anfer­ti­gung von Bild­auf­nah­men gege­ben haben, da der Ver­dacht eines buß­geld­be­wehr­ten Ver­kehrs­ver­sto­ßes besteht. Schließ­lich ent­fal­tet die Maß­nah­me über die Ahn­dung der Ver­kehrs­ord­nungs­wid­rig­keit hin­aus grund­sätz­lich kei­ne belas­ten­den Wir­kun­gen für den Betrof­fe­nen. Denn es bestehen in § 101 StPO hin­rei­chen­de grund­rechts­si­chern­de Ver­fah­rens­vor­schrif­ten über die Benach­rich­ti­gung sowie zur Kenn­zeich­nung und Löschung von Daten. Vor die­sem Hin­ter­grund und ange­sichts des bezweck­ten Schut­zes der All­ge­mein­heit vor erheb­li­chen Gefah­ren für Leib und Leben im Stra­ßen­ver­kehr bestehen kei­ne ver­fas­sungs­recht­li­chen Beden­ken im Hin­blick auf die Ver­hält­nis­mä­ßig­keit der in Rede ste­hen­den ver­kehrs­recht­li­chen Maßnahme. 

Soweit im vor­lie­gen­den Fall auch Über­sichts­auf­nah­men von einer Brü­cke aus ange­fer­tigt wur­den, ist bereits ein Ein­griff in das Grund­recht des Beschwer­de­füh­rers auf infor­ma­tio­nel­le Selbst­be­stim­mung zu ver­nei­nen. Denn zum einen war nach den amts­ge­richt­li­chen Fest­stel­lun­gen eine Iden­ti­fi­zie­rung der Fah­rer oder Kenn­zei­chen anhand der dau­er­haft­an­ge­fer­tig­ten Über­sichts­auf­nah­men nicht mög­lich. Zum ande­ren sind die Über­sichts­auf­nah­men nach ihrer Zweck­be­stim­mung nicht auf eine Indi­vi­dua­li­sie­rung des Betrof­fe­nen aus­ge­rich­tet; die­se soll viel­mehr aus­schließ­lich durch die ver­dachts­ab­hän­gi­ge Anfer­ti­gung von Bild­auf­nah­men mit­tels der am Fahr­bahn­rand auf­ge­stell­ten Iden­ti­fi­zie­rungs­ka­me­ra erfolgen. 

Schlemm emp­fahl, die­se Grund­sät­ze zu beach­ten und in allen Fäl­len ggfs. recht­li­chen Rat in Anspruch zu neh­men, wobei er dabei u. a. auch auf den VdV­KA — Ver­band deut­scher Ver­kehrs­rechts­an­wäl­te e. V. — www.vdvka.de — verwies.

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