(Kiel) Der Bun­des­ge­richts­hof hat ent­schie­den, dass bei einem Fern­ab­satz­ge­schäft ein Wider­rufs­recht des Ver­brau­chers auch dann besteht, wenn es einen Kauf­ver­trag über ein Radar­warn­ge­rät zum Gegen­stand hat, der wegen Sit­ten­wid­rig­keit nich­tig ist.

Dar­auf ver­weist der Kie­ler Rechts­an­walt Jens Klar­mann, Prä­si­dent des VdVKA — Ver­band deut­scher Ver­kehrsrechs­an­wäl­te e. V. mit Sitz in Kiel unter Hin­weis auf das Urteil des Bun­des­ge­richts­hofs (BGH) vom 25.11.2009, Az.: VIII ZR 318/08.

Nach einem tele­fo­ni­schen Wer­be­ge­spräch vom 1. Mai 2007 bestell­te die Klä­ge­rin am dar­auf fol­gen­den Tag per Fax einen Pkw-Innen­spie­gel mit einer unter ande­rem für Deutsch­land codier­ten Radar­warn­funk­ti­on zum Preis von 1.129,31 € (brut­to) zuzüg­lich Ver­sand­kos­ten. Der von Klä­ge­rin aus­ge­füll­te Bestell­schein ent­hält unter ande­rem den vor­for­mu­lier­ten Hinweis:

Ich wur­de dar­über belehrt, dass die Gerä­te ver­bo­ten sind und die Gerich­te den Kauf von Radar­warn­ge­rä­ten zudem als sit­ten­wid­rig betrachten.” 

Die Lie­fe­rung des Gerä­tes erfolg­te per Nach­nah­me am 9. Mai 2007. Die Klä­ge­rin sand­te am 19. Mai 2007 das Gerät an die Beklag­te zurück und bat um Erstat­tung des Kauf­prei­ses. Die Beklag­te ver­wei­ger­te die Annah­me des Gerä­tes und die Rück­zah­lung des Kaufpreises.

Mit ihrer Kla­ge begehrt die Klä­ge­rin unter ande­rem die Ver­ur­tei­lung der Beklag­ten zur Rück­zah­lung des Kauf­prei­ses zuzüg­lich 8,70 € Rück­sen­dungs­kos­ten, ins­ge­samt 1.138,01 €. Das Amts­ge­richt hat die Kla­ge abge­wie­sen. Das Beru­fungs­ge­richt hat der Kla­ge statt­ge­ge­ben. Die vom Beru­fungs­ge­richt zuge­las­se­ne Revi­si­on der Beklag­ten hat­te kei­nen Erfolg, betont Klarmann.

Der Bun­des­ge­richts­hof hat ent­schie­den, dass die Klä­ge­rin als Ver­brau­che­rin auf­grund des aus­ge­üb­ten Wider­rufs Anspruch auf Rück­ab­wick­lung des Kauf­ver­trags hat. Sie kann die Rück­zah­lung des Kauf­prei­ses (§ 346 BGB) und Erstat­tung der Kos­ten für die Rück­sen­dung des Gerä­tes ver­lan­gen (§ 357 Abs. 2 Satz 2 BGB).

Zwar ist der Kauf­ver­trag über den Erwerb eines Radar­warn­ge­räts nach der Recht­spre­chung des Senats sit­ten­wid­rig und damit nach § 138 Abs. 1 BGB nich­tig, wenn der Kauf nach dem für bei­de Sei­ten erkenn­ba­ren Ver­trags­zweck auf eine Ver­wen­dung des Radar­warn­ge­räts im Gel­tungs­be­reich der deut­schen Stra­ßen­ver­kehrs­ord­nung gerich­tet ist (Senats­ur­teil vom 23. Febru­ar 2005 — VIII ZR 129/04, NJW 2005, 1490 f.). Das Recht der Klä­ge­rin, sich von dem Fern­ab­satz­ver­trag zu lösen, wird davon jedoch nicht berührt. Ein Wider­rufs­recht nach §§ 312d, 355 BGB beim Fern­ab­satz­ver­trag ist unab­hän­gig davon gege­ben, ob die Wil­lens­er­klä­rung des Ver­brau­chers oder der Ver­trag wirk­sam ist. Der Sinn des Wider­rufs­rechts beim Fern­ab­satz­ver­trag besteht dar­in, dem Ver­brau­cher ein an kei­ne mate­ri­el­len Vor­aus­set­zun­gen gebun­de­nes, ein­fach aus­zu­üben­des Recht zur ein­sei­ti­gen Los­lö­sung vom Ver­trag in die Hand zu geben, das neben den all­ge­mei­nen Rech­ten besteht, die jedem zuste­hen, der einen Ver­trag schließt.

Der Senat ist der Auf­fas­sung ent­ge­gen­ge­tre­ten, nach der sich der Ver­brau­cher bei einer Nich­tig­keit des Ver­tra­ges dann nicht auf sein Wider­rufs­recht beru­fen kön­ne, wenn er den die Ver­trags­nich­tig­keit nach §§ 134, 138 BGB begrün­den­den Umstand jeden­falls teil­wei­se selbst zu ver­tre­ten habe. Ein Aus­schluss des Wider­rufs­rechts wegen unzu­läs­si­ger Rechts­aus­übung kann nur bei beson­de­rer Schutz­be­dürf­tig­keit des Unter­neh­mers in Betracht kom­men. Dar­an fehlt es jedoch, wenn — wie im heu­te ent­schie­de­nen Fall — bei­den Par­tei­en ein Ver­stoß gegen die guten Sit­ten zur Last fällt.

Der ent­schie­de­ne Fall unter­schei­det sich damit von dem­je­ni­gen, der dem Urteil des Bun­des­ge­richts­hofs vom 23. Febru­ar 2005 — VIII ZR 129/04 — zugrun­de lag, so betont Klarmann.

Der dor­ti­ge Käu­fer, der ein Wider­rufs­recht nach § 312d BGB nicht gel­tend gemacht hat­te, konn­te die Rück­zah­lung des Kauf­prei­ses für ein Radar­warn­ge­rät nicht ver­lan­gen, weil der dort zu beur­tei­len­de Anspruch auf Her­aus­ga­be einer unge­recht­fer­tig­ten Berei­che­rung (§ 812 BGB) an der Kon­dik­ti­ons­sper­re des § 817 S. 2 BGB schei­ter­te. Nach die­ser Bestim­mung ist die Rück­for­de­rung einer zur Erfül­lung eines wegen Sit­ten­wid­rig­keit nich­ti­gen Ver­tra­ges erbrach­ten Leis­tung aus­ge­schlos­sen, wenn bei­den Par­tei­en ein Sit­ten­ver­stoß zur Last fällt. Für den dem Ver­brau­cher im Fal­le des Wider­rufs eines Fern­ab­satz­ge­schäfts zuste­hen­den Kauf­preis­rück­zah­lungs­an­spruch aus § 346 BGB gilt die­se Kon­dik­ti­ons­sper­re nicht.

Klar­mann emp­fahl, dies zu beach­ten und ggfs. recht­li­chen Rat in Anspruch zu neh­men, wobei er dabei u. a. auch auf den VdVKA — Ver­band deut­scher Ver­kehrs­rechts­an­wäl­te e. V. — www.vdvka.de — verwies.

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