BGH, Beschluss vom 27.07.2021, AZ VI ZR 533/20

Aus­ga­be: 06–07/2021

Sach­ver­halt:
Der Klä­ger erwarb im Sep­tem­ber 2014 einen gebrauch­ten VW Pas­sat. Die Beklag­te ist Her­stel­le­rin des Fahr­zeugs, das mit einem Die­sel­mo­tor des Typs EA189 aus­ge­stat­tet ist. Die­ser Motor hat­te eine Steue­rungs­soft­ware, die erkann­te, ob sich das Fahr­zeug auf einem Prüf­stand oder im nor­ma­len Stra­ßen­ver­kehr befand. Im Prüf­stands­be­trieb führ­te die Soft­ware zu einer erhöh­ten Abgas­rück­füh­rung im Ver­gleich zum Nor­mal­be­trieb, wodurch die Grenz­wer­te für Stick­oxid­emis­sio­nen auf dem Prüf­stand ein­ge­hal­ten wer­den konn­ten. Wäh­rend des erst­in­stanz­li­chen Ver­fah­rens erwarb der Klä­ger ein Fahr­zeug eines ande­ren Her­stel­lers, gab das von der Beklag­ten her­ge­stell­te Fahr­zeug in Zah­lung und erhielt zusätz­lich eine “Wech­sel­prä­mie”.

Zwi­schen den Par­tei­en war strei­tig, ob dem Klä­ger trotz des Wei­ter­ver­kaufs des VW Pas­sat ein Scha­dens­er­satz­an­spruch gegen die Beklag­te in Höhe des gezahl­ten Kauf­prei­ses abzüg­lich einer Nut­zungs­ent­schä­di­gung für die Fahr­zeug­nut­zung und abzüg­lich des erziel­ten Ver­kaufs­er­lö­ses zusteht und, wenn ja, ob von die­sem Anspruch die “Wech­sel­prä­mie” eben­falls abzu­zie­hen ist. 

Bis­he­ri­ger Prozessverlauf:
Das Land­ge­richt hat der Kla­ge nur zu einem gerin­gen Teil statt­ge­ge­ben. Es hat dem Klä­ger zwar trotz Wei­ter­ver­kaufs des Die­sel-Fahr­zeugs einen Scha­dens­er­satz­an­spruch zuer­kannt, von dem zu erset­zen­den Kauf­preis für das Die­sel-Fahr­zeug aber neben der Nut­zungs­ent­schä­di­gung und dem Ver­kaufs­er­lös zusätz­lich die Wech­sel­prä­mie abge­zo­gen. Die Beru­fung des Klä­gers hat­te inso­fern Erfolg, als nach Auf­fas­sung des Ober­lan­des­ge­richts die Wech­sel­prä­mie nicht in Abzug zu brin­gen war. Die Beru­fung der Beklag­ten hat­te kei­nen Erfolg. 

Ent­schei­dung des Senats:
Der unter ande­rem für das Recht der uner­laub­ten Hand­lun­gen zustän­di­ge VI. Zivil­se­nat hat das ange­foch­te­ne Urteil bestä­tigt und die Revi­si­on der Beklag­ten zurückgewiesen. 

Die Vor­in­stan­zen haben zutref­fend ange­nom­men, dass die Beklag­te den Klä­ger durch das Inver­kehr­brin­gen eines Fahr­zeugs mit Abschalt­ein­rich­tung (Prüf­stan­d­er­ken­nungs­soft­ware) vor­sätz­lich sit­ten­wid­rig geschä­digt hat und ihm inso­weit grund­sätz­lich ein Anspruch auf Scha­dens­er­satz in Höhe des gezahl­ten Kauf­prei­ses abzüg­lich einer Nut­zungs­ent­schä­di­gung Zug um Zug gegen Her­aus­ga­be und Über­eig­nung des Fahr­zeugs zusteht. Der Wei­ter­ver­kauf des Fahr­zeugs ließ die­sen Scha­dens­er­satz­an­spruch nicht ent­fal­len. Durch den Wei­ter­ver­kauf trat der markt­ge­rech­te Ver­kaufs­er­lös an die Stel­le des im Wege der Vor­teils­aus­glei­chung her­aus­zu­ge­ben­den und zu über­eig­nen­den Fahr­zeugs und war vom Scha­dens­er­satz­an­spruch abzuziehen. 

Die “Wech­sel­prä­mie” war im Streit­fall jedoch nicht zuguns­ten des beklag­ten Fahr­zeug­her­stel­lers vom Scha­dens­er­satz­an­spruch in Abzug zu brin­gen. Denn die Wech­sel­prä­mie erhielt der Klä­ger auf­grund sei­ner Ent­schei­dung, Auto oder Auto­mar­ke zu wech­seln. Sie hat­te nichts mit dem Sub­stanz- oder Nut­zungs­wert des in Zah­lung gege­be­nen Fahr­zeugs zu tun und stand daher dem Klä­ger und nicht der Beklag­ten zu. 

Wei­te­re Infor­ma­tio­nen: http://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/recht…