(Kiel) Der Betrei­ber einer Moto­cross-Anla­ge muss bei einem frei­en Trai­ning die Pis­te nicht mit Stre­cken­pos­ten sichern.

Dar­auf ver­weist der Kie­ler Rechts­an­walt Jens Klar­mann, Prä­si­dent des VdVKA — Ver­band deut­scher Ver­kehrs­rechts­An­wäl­te e. V. mit Sitz in Kiel, unter Hin­weis auf die Mit­tei­lung des Schles­wig-Hol­stei­ni­schen Ober­lan­des­ge­richts (OLG) vom 4.03.2015 zu sei­nem Urteil vom 19.02.2015, Az. 11 U 91/14, mit wel­chem das OLG die Kla­ge eines jun­gen Moto­cross-Sport­lers zurück­ge­wie­sen hat, der sich bei einem frei­en Trai­ning schwer ver­letzt hat­te und Scha­dens­er­satz und Schmer­zens­geld verlangte.

  • Zum Sach­ver­halt:

Der beklag­te Ver­ein betreibt eine Moto­cross-Bahn im Kreis Nord­fries­land. Der damals neun Jah­re alte Klä­ger befuhr im Rah­men eines frei­en Kin­der­trai­nings mit sei­ner Kin­der-Moto­cross-Maschi­ne die Bahn. An dem Tag (Herbst 2010) konn­te das Gelän­de auch von Nicht­ver­eins­mit­glie­dern gegen die Zah­lung eines Ent­gelts benutzt wer­den. Der Klä­ger war in Beglei­tung sei­nes Vaters. Nach dem Über­sprin­gen einer Kup­pe stürz­te der Klä­ger bei der Lan­dung mit sei­ner Maschi­ne. Der nach­fol­gen­de Fah­rer, eben­falls ein Kind, konn­te nicht aus­wei­chen, weil die Unfall­stel­le für ihn nicht ein­seh­bar war. Er über­fuhr den Klä­ger und ver­letz­te die­sen schwer an Kopf und Hals. Von dem Betrei­ber der Moto­cross-Anla­ge ver­lang­te das ver­letz­te Kind Scha­dens­er­satz und Schmer­zens­geld unter ande­rem mit der Begrün­dung, dass die Benut­zung der Bahn durch Stre­cken­pos­ten hät­te abge­si­chert wer­den müssen.

  • Aus den Gründen:

Der Betrei­ber der Moto­cross-Anla­ge ist nicht ver­pflich­tet, Scha­dens­er­satz und Schmer­zens­geld zu zah­len. Er hat kei­ne Ver­kehrs­si­che­rungs­pflich­ten ver­letzt, denn er braucht nicht allen denk­ba­ren Gefah­ren vor­zu­beu­gen. Sei­ne Ver­kehrs­si­che­rungs­pflicht erfor­dert ledig­lich den Schutz vor Gefah­ren, die über das übli­che Risi­ko bei der Nut­zung der Anla­ge hin­aus­ge­hen und vom Benut­zer — oder bei Kin­dern von deren Eltern — nicht vor­her­seh­bar und nicht ohne wei­te­res erkenn­bar sind. Die Mög­lich­keit von Stür­zen wäh­rend einer Trai­nings­fahrt und von Kol­li­sio­nen mit nach­fol­gen­den Moto­cross-Fah­rern liegt grund­sätz­lich im Rah­men der von vorn­her­ein zu erwar­ten­den Risi­ken der gemein­sa­men Nut­zung einer Moto­cross-Anla­ge. Eine Moto­cross-Bahn ist eine unebe­ne, nicht befes­tig­te Stre­cke im Gelän­de, deren Beschaf­fen­heit je nach Wit­te­rungs­ver­hält­nis­sen ganz ande­re Anfor­de­run­gen an das fah­re­ri­sche Kön­nen und die Beherr­schung des Motor­ra­des stellt als etwa die Teil­nah­me am Stra­ßen­ver­kehr. Bereits gering­fü­gi­ge Fahr­feh­ler kön­nen zu Unfäl­len und Stür­zen füh­ren, durch die ande­re Fah­rer und auch der Betrof­fe­ne gefähr­det wer­den kön­nen. Die­se Umstän­de waren dem kla­gen­den Kind und auch des­sen Vater bekannt, die bei­de seit meh­re­ren Jah­ren im Moto­cross-Sport aktiv waren.

Der beklag­te Ver­ein war auch nicht ver­pflich­tet, die Kin­der ein­zeln und zeit­ver­setzt auf der Bahn fah­ren zu las­sen. Die­se Maß­nah­me wür­de den Cha­rak­ter des Moto­cross-Fah­rens ein­schnei­dend ver­än­dern. Den Teil­neh­mern geht es auch im Rah­men eines Trai­nings gera­de dar­um, sich mit ande­ren zu mes­sen, ande­re zu über­ho­len, mit­hin im Trai­ning eine Renn­si­tua­ti­on zu simu­lie­ren und so das Fah­ren in Kon­kur­renz mit ande­ren auszuüben.

Zwar darf die Benut­zung einer Moto­cross-Bahn nicht regel­los oder voll­stän­dig unbe­wacht sein. Doch reicht inso­weit das Vor­han­den­sein eines ent­spre­chen­den Regle­ments für die Anla­ge (Platz­ord­nung). Die Ein­hal­tung der not­wen­di­gen Ord­nung auf der Moto­cross-Bahn muss durch die Anwe­sen­heit eines Platz­war­tes sicher­ge­stellt wer­den, was vor­lie­gend der Fall war.

Nach den Aus­füh­run­gen des vom Gericht bestell­ten Sach­ver­stän­di­gen ist es bei einem frei­en Trai­ning nicht ver­kehrs­üb­lich, dass meh­re­re Stre­cken­pos­ten mög­li­che Gefah­ren­stel­len einer Moto­cross-Pis­te über­wa­chen. Das Regle­ment für Moto­cross des Deut­schen Motor­sport­bun­des, das aus­drück­lich die Ein­rich­tung einer aus­rei­chen­den Zahl von Flag­gen- bzw. Stre­cken­pos­ten vor­sieht, gilt ledig­lich für Wett­be­werbs­ver­an­stal­tun­gen. Letzt­lich ist zu kon­sta­tie­ren, dass der Moto­cross-Sport eine für alle Betei­lig­ten erkenn­bar gefähr­li­che Sport­art ist. Die Gefah­ren las­sen sich in zuver­läs­si­ger Wei­se nur durch sol­che Maß­nah­men ver­rin­gern, die ent­we­der so kos­ten­träch­tig sind, dass ein frei­es Trai­ning von Moto­cross-Ver­ei­nen nicht mehr ange­bo­ten wer­den könn­te, oder aber den Cha­rak­ter des Moto­cross-Fah­rens so stark ver­än­dern wür­den, dass die Attrak­ti­vi­tät die­ses Sports für Kin­der und Jugend­li­che ver­lo­ren­gin­ge. Das Ange­bot von Ver­ei­nen wür­de dann kei­ne Akzep­tanz mehr fin­den mit der Fol­ge, dass Kin­der und Jugend­li­che in die freie Land­schaft aus­wi­chen, wo es kei­ne sach­ver­stän­dig abge­nom­me­nen Renn­bah­nen und kei­ne Über­wa­chung gibt. Vor die­sem Hin­ter­grund ist es hin­zu­neh­men, dass die Betei­lig­ten die mit einem frei­en Trai­ning auf einer eigens für den Moto­cross-Renn­sport her­ge­rich­te­ten Renn­pis­te ein­her­ge­hen­den erkenn­ba­ren Gefah­ren auf sich nehmen.

Klar­mann emp­fahl, dies zu beach­ten und in ähn­li­chen Fäl­len ggfs. recht­li­chen Rat in Anspruch zu neh­men, wobei er dabei u. a. auch auf den VdVKA — Ver­band deut­scher Ver­kehrs­rechts­an­wäl­te e. V. – www.vdvka.de – verwies.

 

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Jens Klar­mann
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Fach­an­walt für Arbeitsrecht
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