OLG Karls­ru­he, Beschluss vom 30.05.2022, AZ Urtei­le vom 26.4.2022 (Akten­zei­chen: 8 U 232/21, 8 U 418/21 und 8 U 235/21) vom 29.4.2022 (Akten­zei­chen: 8 U 234/21 und 8 U 420/21) und vom 3.5.2022 (Akten­zei­chen: 8 U 373/21)

Aus­ga­be: 05–2022

Auf jewei­li­ge Beru­fung der Volks­wa­gen AG hat der 8. Zivil­se­nat des Ober­lan­des­ge­richts Karls­ru­he nach münd­li­chen Ver­hand­lun­gen vom 26.4.2022 in sechs Fäl­len Urtei­le von Land­ge­rich­ten auf­ge­ho­ben und Scha­dens­er­satz­kla­gen abge­wie­sen, die Eigen­tü­mer von Fahr­zeu­gen des VW-Kon­zerns mit dem Motor „EA 288“ gegen VW erho­ben hat­ten. Bei die­sem Motor han­delt es sich um das Nach­fol­ge­mo­dell des Motors „EA 189“, der im Jahr 2015 auf­grund einer den Prüf­stand erken­nen­den rechts­wid­ri­gen „Schum­mel-Soft­ware“, die eine hin­rei­chen­de Abgas­rei­ni­gung nur auf dem Prüf­stand zuließ, den soge­nann­ten Die­sel­skan­dal aus­ge­löst hatte.

Zur Begrün­dung hat­ten die Klä­ger in den nun­mehr ent­schie­de­nen Ver­fah­ren gel­tend gemacht, sie sei­en auf­grund ver­steck­ter Abschalt­ein­rich­tun­gen in ver­gleich­ba­rer Wei­se vor­sätz­lich sit­ten­wid­rig geschä­digt wor­den wie die Eigen­tü­mer der mit dem Vor­gän­ger-Motor aus­ge­stat­te­ten Pkws. Die­ser Argu­men­ta­ti­on ist der 8. Zivil­se­nat nicht gefolgt. Der Senat sieht weder das soge­nann­te Ther­mofens­ter, das die Abgas­rück­füh­rung zur Abgas­rei­ni­gung außer­halb eines bestimm­ten Tem­pe­ra­tur­fens­ters redu­ziert oder abschal­tet, als sit­ten­wid­ri­ge Abschalt­ein­rich­tung im Sin­ne von § 826 BGB an noch konn­te er greif­ba­re Anhalts­punk­te für eine vor­sätz­li­che sit­ten­wid­ri­ge Schä­di­gung durch ande­re gel­tend gemach­te Abschalt­ein­rich­tun­gen wie etwa eine soge­nann­te Fahr­kur­ven­er­ken­nung fest­stel­len. Ins­be­son­de­re konn­te der Senat jeweils nicht erken­nen, dass VW den Vor­satz hat­te, die Klä­ger mit der Kon­fi­gu­ra­ti­on der Fahr­zeu­ge sit­ten­wid­rig zu schä­di­gen, nach­dem die­ser Motor­typ über Jah­re hin­weg ein­ge­hend vom Kraft­fahrt­bun­des­amt auf rechts­wid­ri­ge Abschalt­ein­rich­tun­gen hin unter­sucht wor­den ist und es bis heu­te kei­nen Grund zu Bean­stan­dun­gen gese­hen hat.

Der Senat hat die Revi­si­on jeweils nicht zuge­las­sen. In den vier Ver­fah­ren, in denen die Beschwer der Klä­ger­sei­te 20.000 Euro über­steigt, ist dage­gen Nicht­zu­las­sungs­be­schwer­de zum Bun­des­ge­richts­hof statt­haft. Die bei­den ande­ren Ent­schei­dun­gen sind rechtskräftig.

Wei­te­re Informationen:

Der 8. Zivil­se­nat des Ober­lan­des­ge­richts Karls­ru­he ist für Beru­fun­gen in allen Die­sel-Abgas­ver­fah­ren aus den Land­ge­richts­be­zir­ken Baden-Baden, Hei­del­berg, Karls­ru­he, Mann­heim und Mos­bach zustän­dig, die Fahr­zeu­ge aus dem VW-Kon­zern betref­fen, soweit sie nicht den Motor EA 189 ein­ge­baut haben. Bei den nun­mehr ent­schie­de­nen Ver­fah­ren han­delt es sich um sechs von acht beim 8. Zivil­se­nat des OLG Karls­ru­he anhän­gi­gen Ver­fah­ren, die den Motor EA 288 betref­fen und bei denen das zustän­di­ge Land­ge­richt der jewei­li­gen Kla­ge statt­ge­ge­ben hat­te. Von den bei­den ver­blei­ben­den Ver­fah­ren die­ser Art ist ein wei­te­res ter­mi­niert; bei dem ande­ren wur­de die Beru­fungs­be­grün­dung sei­tens der Beklag­ten ver­spä­tet ein­ge­reicht, die Beklag­te hat einen Antrag auf Wie­der­ein­set­zung in den vori­gen Stand gestellt. In allen wei­te­ren rund 250 Ver­fah­ren des Senats, die die­sen Motor zum Gegen­stand haben, wur­den die Kla­gen von den Land­ge­rich­ten abge­wie­sen. Bis­lang hat der Senat die­se Klag­ab­wei­sun­gen in der Beru­fung in den bereits bear­bei­te­ten mehr als 45 Ver­fah­ren aus­nahms­los gebil­ligt (sie­he etwa Beschluss vom 22.2.2022, 8 U 143/21).

Zu Fahr­zeu­gen des VW-Kon­zerns mit 3.0 l und grö­ße­ren Die­sel­mo­to­ren hat der 8. Zivil­se­nat eben­falls eine Recht­spre­chung ent­wi­ckelt. So hat er ent­schie­den, dass die vom Kraft­fahrt­bun­des­amt bean­stan­de­te soge­nann­te Auf­heiz­stra­te­gie „A“ in Die­sel­fahr­zeu­gen mit SCR-Kata­ly­sa­tor der Emis­si­ons­klas­se EU 6 grund­sätz­lich geeig­net ist, eine Haf­tung wegen vor­sätz­li­cher sit­ten­wid­ri­ger Schä­di­gung zu begrün­den (sie­he etwa Urtei­le vom 16.7.2021, 8 U 32/20, und vom 11.1.2022, 8 U 85/20), nicht hin­ge­gen die soge­nann­te Restreich­wei­ten­stra­te­gie bei der AdBlue-Dosie­rung oder die ins­be­son­de­re bei Fahr­zeu­gen der Emis­si­ons­klas­se EU 5 oft gerüg­ten unter­schied­li­chen Getrie­be­mo­di für den Prüf­stand und für die Stra­ße (Urteil vom 22.3.2022, 8 U 177/20).

Der Senat ist dar­über hin­aus für Die­sel-Abgas­ver­fah­ren von Fahr­zeu­gen des BMW-Kon­zerns zustän­dig. In den über 50 beim Senat anhän­gi­gen Ver­fah­ren haben die Land­ge­rich­te die Kla­gen stets abge­wie­sen. Der Senat hat dies in den bis­lang bear­bei­te­ten Beru­fungs­ver­fah­ren jeweils bestätigt.

Wei­te­re Infor­ma­tio­nen: https://oberlandesgericht-karlsruhe.justiz-bw.d…