(Kiel) Sind bei der Abwicklung eines Verkehrsunfallschadens Mietwagenkosten nach dem angemessenen Normaltarif zu schätzen, ist als Schätzungsgrundlage auf den Mittelwert der Marktpreiserhebungen nach der ʺSchwacke-Listeʺ und dem Fraunhofer-Marktpreisspiegel abzustellen (Modell ʺFrackeʺ).

Das hat der 9. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Hamm mit Urteil vom 18.03.2016 entschieden und damit die von der obergerichtlichen Rechtsprechung – auch innerhalb des Oberlandesgerichts Hamm – bislang nicht einheitlich behandelte Streitfrage für die Rechtsprechung seines Senats beantwortet.

Darauf verweist der Bad Nauheimer Fachanwalt für Verkehrsrecht Romanus Schlemm, Vizepräsident des VdVKA – Verband deutscher VerkehrsrechtsAnwälte e. V. mit Sitz in Kiel, unter Hinweis auf die Mitteilung des Oberlandesgerichts Hamm vom 15.04.2016 zu seinem Urteil vom 18.03.2016 (9 U 142/15).

Der 9. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Hamm hatte einen Verkehrsunfall zu beurteilen, der sich im August 2014 in Bielefeld ereignet hatte. Der mit seinem Pkw Toyota von der Hauptstraße nach links in die Berliner Straße abbiegende, seinerzeit 61 Jahre alte Kläger aus Bielefeld kollidierte im Kreuzungsbereich mit dem entgegenkommenden Pkw Mercedes des seinerzeit 24 Jahre alten Beklagten aus Bielefeld, der unter Befahren einer Sperrfläche in den Kreuzungsbereich eingefahren war. Aufgrund des verbotswidrigen Befahrens der Sperrfläche sei dem Beklagten, so der Senat eine 70%ige Haftung zuzuschreiben, während der Kläger, der als Linksabbieger den im Gegenverkehr befindlichen Beklagten nicht habe passieren lassen, 30 % seines Schadens selbst zu tragen habe.

Bei der Bemessung der Schadenshöhe von insgesamt ca. 11.250 Euro hatte der Senat zu beurteilen, ob die in dieser Schadenssumme mit 828 Euro enthaltenen Mietwagenkosten gerechtfertigt waren.

Der Kläger habe, so der Senat zu der Schadensposition der Mietwagenkosten, nicht konkret nachgewiesen, dass er beim Anmieten des genutzten Ersatzfahrzeugs dem Wirtschaftlichkeitsgebot genügt habe. Sein diesbezüglicher Schaden sei deswegen nach dem angemessenen Normaltarif zu schätzen, wobei es darauf ankomme, zu welchen Konditionen der Kläger einen Mietwagen erlangt hätte, wenn er dem Wirtschaftlichkeitsgebot entsprochen hätte. Bei der hier gebotenen Schätzung könne der Tatrichter auf die Marktpreiserhebungen nach der ʺSchwacke-Listeʺ oder nach dem Fraunhofer-Marktpreisspiegel zurückgreifen. Beide Marktpreiserhebungen seien nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes, die dieser insoweit als nicht weiter klärungsbedürftig ansehe, grundsätzlich geeignete Schätzungsgrundlagen. Bei der obergerichtlich umstrittenen Frage, auf welche Marktpreiserhebung abzustellen sei, bevorzuge der 9. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Hamm die Mittelwertlösung ʺFrackeʺ. Die unterschiedlichen Erhebungsmethoden beider Auswertungen, die Erhebung des Fraunhofer Instituts beruhe im Wesentlichen auf einer anonymen Internetabfrage, die Schwacke-Erhebung auf einer nicht anonymisierten, aber örtlich genaueren Anbieterabfrage, hätten Vor- und Nachteile, die es dem Senat als sachgerecht erscheinen ließen, keine der Listen isoliert heranzuziehen, sondern auf ihren Mittelwert abzustellen.

Im vorliegenden Fall sei nach der ʺSchwacke-Listeʺ ein Tarif von 1.142,52 Euro und nach dem Fraunhofer-Marktpreisspiegel ein Wert von 490,51 Euro zu ermitteln. Der Mittelwert hieraus (816,52 Euro) weiche nur unerheblich von den angefallenen Mietwagenkosten (828 Euro) ab, so dass diese als ersatzfähig anzusehen seien.

Ausgehend von der 70%igen Haftungsquote könne der Kläger daher insgesamt ca. 7.900 Euro Schadensersatz beanspruchen.

Schlemm empfahl, die Entscheidung zu beachten und in derartigen Fällen rechtlichen Rat in Anspruch zu nehmen, wobei er dabei u. a. auch auf die Anwälte und Anwältinnen in dem VdVKA – Verband deutscher Verkehrsrechtsanwälte e. V. – www.vdvka.de – verwies.

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