BGH, Beschluss vom 22.12.2021, AZ VIII ZR 187/20

Aus­ga­be: 12–2021

a) Die Ver­mu­tung des § 344 Abs. 1 HGB, wonach die von einem Kauf­mann vor­ge­nom­me­nen Rechts­ge­schäf­te im Zwei­fel als zum Betrieb sei­nes Han­dels­ge­wer­bes gehö­rig gel­ten, fin­det im Rah­men der Ein­ord­nung des rechts­ge­schäft­li­chen Han­delns eines Kauf­manns als Ver­brau­cher- oder Unter­neh­mer­han­deln nach §§ 13, 14 Abs. 1 BGB jeden­falls dann kei­ne Anwen­dung, wenn es sich bei dem Kauf­mann um eine natür­li­che Per­son (Ein­zel­kauf­mann) han­delt (Fort­ent­wick­lung des Senats­ur­teils vom 18. Okto­ber 2017 — VIII ZR 32/16, NJW 2018, 150 Rn. 37; Abgren­zung zu BGH, Urtei­le vom 13. Juli 2011 — VIII ZR 215/10, NJW 2011, 3435 Rn. 19; vom 9. Dezem­ber 2008 — XI ZR 513/07, BGHZ 179, 126 Rn. 22).
b) Die Ver­mu­tung des § 476 BGB aF greift nur dann ein, wenn der Käu­fer dar­legt und erfor­der­li­chen­falls beweist, dass sich an der Kauf­sa­che inner­halb von sechs Mona­ten nach Gefahr­über­gang ein man­gel­haf­ter Zustand (Man­gel­er­schei­nung) gezeigt hat, der — unter­stellt, er hät­te sei­ne Ursa­che in einem dem Ver­käu­fer zuzu­rech­nen- den Umstand — des­sen Haf­tung wegen einer Abwei­chung von der geschul­de­ten Beschaf­fen­heit begrün­de­te (im Anschluss an Senats­ur­tei­le vom 12. Okto­ber 2016- VIII ZR 103/15, BGHZ 212, 224 Rn. 36; vom 9. Sep­tem­ber 2020 — VIII ZR 150/18,
NJW 2021, 151 Rn. 27 ff.).
Kommt als Ursa­che für eine fest­ge­stell­te Man­gel­er­schei­nung (auch) ein Umstand in Betracht, der eine Haf­tung des Ver­käu­fers nicht zu begrün­den ver­mag — wie das bei gewöhn­li­chem Ver­schleiß an nicht sicher­heits­re­le­van­ten Tei­len eines Gebraucht­wa­gens regel­mä­ßig der Fall ist (vgl. Senats­ur­teil vom 9. Sep­tem­ber 2020 — VIII ZR 150/18, aaO Rn. 22 f. mwN) -, ist die­ser Beweis erst erbracht, wenn fest­steht, dass die Ursa­che eben­falls in einem Umstand lie­gen kann, der — sofern er dem Ver­käu­fer zuzu­rech­nen wäre — des­sen Haf­tung auslöste.
c) Der Rege­lung des § 476 BGB aF ist (jeden­falls) in den Fäl­len, in denen der Käu­fer inner­halb der Sechs­mo­nats­frist des § 476 BGB aF alle Vor­aus­set­zun­gen für die Ent­ste­hung des betref­fen­den Man­gel­rechts geschaf­fen und die­ses gegen­über dem Ver­käu­fer gel­tend gemacht hat, eine “Aus­strah­lungs­wir­kung” der­ge­stalt bei­zu­mes­sen, dass bezo­gen auf die­je­ni­gen — für die Durch­set­zung des Man­gel­rechts neben dem Zeit­punkt des Gefahr­über­gangs jeweils zusätz­lich maß­geb­li­chen – spä­te­ren Zeit­punk­te, die inner­halb des Sechs­mo­nats­zeit­raums lie­gen (etwa der Zeit­punkt des Zugangs des Gewähr­leis­tungs­be­geh­rens), eben­falls die Dar­le­gung und der Nach-weis des Vor­han­den­seins einer Man­gel­er­schei­nung aus­reicht. Dar­über hin­aus wirkt die Bestim­mung des § 476 BGB aF in den genann­ten Fäl­len dahin­ge­hend fort, dass der Käu­fer — soweit er auch das Vor­lie­gen eines Man­gels zu Zeit­punk­ten, die außer­halb der Sechs­mo­nats­frist des § 476 BGB aF lie­gen (etwa im Zeit­punkt der letz­ten münd­li­chen Tat­sa­chen­ver­hand­lung), zu bewei­sen hat — eben­falls ledig­lich das Fort­be­stehen der jewei­li­gen nach­weis­lich inner­halb der Frist des § 476 BGB aF auf­ge­tre­te­nen Man­gel­er­schei­nung bis zu die­sen Zeit­punk­ten, nicht aber deren Ver­ur­sa­chung durch den Ver­käu­fer nach­zu­wei­sen hat.
d) Der kauf­ver­trag­li­che Anspruch auf Scha­dens­er­satz statt der Leis­tung (klei­ner Scha­dens­er­satz) gemäß § 437 Nr. 3, §§ 280, 281 Abs. 1 BGB kann nach wie vor anhand der soge­nann­ten fik­ti­ven Man­gel­be­sei­ti­gungs­kos­ten bemes­sen wer­den (im Anschluss an BGH, Urteil vom 12. März 2021 — V ZR 33/19, NJW 2021, 1532 Rn. 11, zur Ver­öf­fent­li­chung in BGHZ 229, 115 bestimmt; Beschluss vom 13. März 2020 — V ZR 33/19, ZIP 2020, 1073 Rn. 41 ff. mwN; Abgren­zung zu BGH, Urteil vom 22. Febru­ar 2018 — VII ZR 46/17, BGHZ 218, 1 Rn. 31 ff.).

Wei­te­re Infor­ma­tio­nen: https://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rech…