(Kiel) Ein Kfz-Haft­pflicht­ver­si­che­rer ist berech­tigt, einen Scha­den­er­satz­an­spruch, der sich gegen einen bei ihm Ver­si­cher­ten rich­tet, auch ohne des­sen Ein­wil­li­gung zu erfül­len. Dies gilt auch, wenn ein Scha­den­frei­heits­ra­batt auf dem Spiel steht.

Das Ver­si­che­rungs­un­ter­neh­men muss sich dabei ein umfas­sen­des Bild über die Umstän­de ver­schaf­fen. Es ver­letzt sei­ne Rück­sicht­nah­me­pflicht nur, wenn es eine völ­lig unsach­ge­mä­ße Scha­dens­re­gu­lie­rung durchführt.

Dar­auf ver­weist der Erlan­ger Fach­an­walt für Ver­kehrs­recht Mar­cus Fischer, Vize­prä­si­dent des VdVKA — Ver­band deut­scher Ver­kehrs­rechts­An­wäl­te e. V. mit Sitz in Kiel, unter Hin­weis auf eine Mit­tei­lung des Amts­ge­richts (AG) Mün­chen vom 25.03.2013 zu sei­nem Urteil vom 4.09.2012, Az. 333 C 4271/12, rechtskräftig.

Im Mai 2011 kam es in Mün­chen zu einem Auf­fahr­un­fall. Der Geschä­dig­te wand­te sich an die Ver­si­che­rung des­je­ni­gen, der ihm auf­ge­fah­ren war und bat um Regu­lie­rung des Scha­dens. Nach ein­ge­hen­der Prü­fung des Vor­gangs zahl­te die Ver­si­che­rung schließ­lich den Scha­den und stuf­te den Ver­si­che­rungs­neh­mer von Scha­dens­klas­se 35 auf Scha­dens­klas­se 50 hoch. Die­ser muss­te daher 170 Euro mehr im Jahr bezah­len. Dage­gen wand­te sich der Ver­si­cher­te. Er war der Mei­nung, die Ver­si­che­rung hät­te nicht bezah­len dür­fen. Die Krat­zer an der Stoß­stan­ge des ande­ren Wagens wür­den nicht von ihm stam­men, son­dern sei­en bereits vor­han­den gewe­sen. Ein Scha­den­er­satz­an­spruch hät­te daher nicht bestan­den. Der Ver­si­cher­te klag­te daher vor dem Amts­ge­richt Mün­chen auf Rück­stu­fung in die Scha­den­klas­se 35 und auf Erstat­tung der erhöh­ten Beiträge.

Die zustän­di­ge Rich­te­rin wies die Kla­ge jedoch ab, so Fischer.

Grund­sätz­lich sei der Kfz-Haft­pflicht­ver­si­che­rer durch die Regu­lie­rungs­voll­macht dazu bevoll­mäch­tigt, gegen den Ver­si­che­rungs­neh­mer gel­tend gemach­te Ansprü­che in des­sen Namen zu erfül­len oder abzu­weh­ren und alle dafür zweck­mä­ßig erschei­nen­den Erklä­run­gen im Rah­men pflicht­ge­mä­ßen Ermes­sens abzu­ge­ben. Dabei sei er nicht gehal­ten, eine Regu­lie­rung nur des­halb zu ver­wei­gern, weil sein Ver­si­che­rungs­neh­mer eine Scha­dens­er­satz­pflicht von vorn­her­ein ableh­ne. Im Rah­men sei­ner Pflicht aus dem Ver­si­che­rungs­ver­trag habe der Haft­pflicht­ver­si­che­rer nach Ein­tritt des Ver­si­che­rungs­falls begrün­de­te Scha­dens­an­sprü­che zu befrie­di­gen und unbe­grün­de­te abzu­weh­ren. Ob er frei­wil­lig zah­le, oder ob er die Zah­lung ableh­ne und es dar­auf ankom­men las­se, ob der geschä­dig­te Drit­te sei­ne Ansprü­che gericht­lich gel­tend mache, ste­he grund­sätz­lich im Ermes­sen des Ver­si­che­rers. Die­sem Ermes­sen sei­en ledig­lich dort Gren­zen gesetzt, wo die Inter­es­sen des Ver­si­che­rungs­neh­mers berührt wer­den und wo die­se des­halb die Rück­sicht­nah­me des Ver­si­che­rers ver­lang­ten. Dies gel­te bei­spiels­wei­se dann, wenn ein Scha­dens­frei­heits­ra­batt des Ver­si­cher­ten auf dem Spiel stehe.

Im Rah­men sei­ner Pflich­ten sei der Ver­si­che­rer dann jeden­falls gehal­ten, sich ein hin­rei­chend genau­es, umfas­sen­des Bild über die Umstän­de zu ver­schaf­fen, aus denen die dro­hen­den Ansprü­che her­ge­lei­tet wer­den, die Rechts­la­ge sorg­fäl­tig zu prü­fen und die Aus­sich­ten für eine Abwehr der Ansprü­che nach Grund und Höhe mög­lichst zuver­läs­sig ein­zu­schät­zen. Der Ver­si­che­rer ver­let­ze die sich aus dem Ver­si­che­rungs­ver­trag erge­ben­de Rück­sicht­nah­me­pflicht nur dann, wenn er eine völ­lig unsach­ge­mä­ße Scha­dens­re­gu­lie­rung durch­füh­re. Dabei ste­he dem Ver­si­che­rer vor allem und gera­de bei zwei­fel­haf­ter Sach- oder Rechts­la­ge ein gewis­ser Ermes­sens­spiel­raum zu. Schäd­lich sei nur ein offen­sicht­li­cher Ermessensmissbrauch.

Es kom­me bei der Fra­ge, ob der Ver­si­che­rer sein Regu­lie­rungs­er­mes­sen zutref­fend aus­ge­übt habe, nicht dar­auf an, ob sich tat­säch­lich der Unfall mit dem Fahr­zeug des Ver­si­che­rungs­neh­mers so wie vom Unfall­geg­ner behaup­tet ereig­net habe. Der Ver­si­che­rer dür­fe auch dem Gesichts­punkt der Pro­zess­öko­no­mie Vor­rang geben und in Anbe­tracht der Scha­dens­hö­he wirt­schaft­li­che Erwä­gun­gen anstel­len. Zudem müs­se sich der Ver­si­che­rer nicht auf einen Pro­zess mit unge­wis­sem Aus­gang ein­las­sen. Dem­nach habe der Ver­si­che­rer sein Ermes­sen nur dann offen­sicht­lich falsch aus­ge­übt, wenn es von vorn­her­ein als völ­lig unver­nünf­tig ange­se­hen wer­den muss­te, dass er dem Drit­ten Ersatz leiste.

Hier kön­ne eine Pflicht­ver­let­zung der Ver­si­che­rung man­gels feh­ler­haf­ter Ermes­sens­aus­übung nicht fest­ge­stellt werden.

Die Ver­si­che­rung habe sich mit der Scha­dens­re­gu­lie­rung gut fünf Mona­te Zeit gelas­sen. Die Sach­ver­halts­auf­klä­rung habe erge­ben, dass der Ver­si­cher­te mit sei­nem Kraft­fahr­zeug hin­ter dem­je­ni­gen des Geschä­dig­ten fuhr und so stark brem­sen muss­te, dass das ABS sei­nes Kraft­fahr­zeugs ansprang. Auch habe die poli­zei­li­che Unter­su­chung erge­ben, dass sich an bei­den Fahr­zeu­gen in glei­cher Höhe Krat­zer befan­den. Es sei daher aus Sicht der Ver­si­che­rung nicht völ­lig unan­ge­mes­sen erschie­nen, eine Scha­dens­re­gu­lie­rung durch­zu­füh­ren; auch kön­ne man der Ver­si­che­rung nicht vor­wer­fen, dass sie kein teu­res Sach­ver­stän­di­gen­gut­ach­ten ange­for­dert habe. Schließ­lich sei die Scha­dens­hö­he mit 1.285 Euro rela­tiv nied­rig gewesen.

Fischer riet, dies zu beach­ten und in allen Zwei­fels­fäl­len unbe­dingt recht­li­chen Rat in Anspruch zu neh­men, wobei er dabei u. a. auch auf den VdVKA — Ver­band deut­scher Ver­kehrs­rechts­an­wäl­te e. V. – www.vdvka.de — verwies.

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