(Kiel) Kauft ein Kraft­fahr­zeug­händ­ler ein gebrauch­tes, in Bel­gi­en zuge­las­se­nes Kraft­fahr­zeug und ist der Ver­käu­fer nicht Eigen­tü­mer des Fahr­zeugs, dann kann der Käu­fer in der Regel nicht gut­gläu­big Eigen­tum an dem Fahr­zeug erwer­ben, wenn er es unter­lässt, sich eine Ori­gi­nal-Ankaufs­rech­nung des Ver­käu­fers vor­le­gen zu las­sen und er auch kei­ne ande­ren Erkennt­nis­se über das Eigen­tum des Ver­käu­fers hat.

Dar­auf ver­weist der Erlan­ger Fach­an­walt für Ver­kehrs­recht Mar­cus Fischer, Vize­prä­si­dent des VdVKA — Ver­band deut­scher Ver­kehrs­rechts­An­wäl­te e. V. mit Sitz in Kiel, unter Hin­weis auf ein am 13.12.2010 ver­öf­fent­lich­tes Urteil des Ober­lan­des­ge­richts (OLG) Koblenz vom vom 28. Okto­ber 2010 — 6 U 473/10.

Die Klä­ge­rin, eine in Bel­gi­en ansäs­si­ge Lea­sing­bank, erwarb im Jahr 2008 zwei Fahr­zeu­ge Mer­ce­des-Benz C 220 CDI Ele­gan­ce und über­ließ sie der bel­gi­schen Fir­ma D. auf der Grund­la­ge von Lea­sing­ver­trä­gen. Eigen­tü­me­rin blieb die Klä­ge­rin. Spä­ter kün­dig­te die Klä­ge­rin die Lea­sing­ver­trä­ge wegen Zah­lungs­rück­stän­den und erwirk­te ein Urteil auf Her­aus­ga­be der Fahr­zeu­ge. Zuvor hat­te die Fir­ma D. die in Bel­gi­en zuge­las­se­nen Fahr­zeu­ge jedoch bereits an die Beklag­te, eine Auto­händ­le­rin aus dem Raum Neu­wied, ver­kauft und die Fahr­zeug­pa­pie­re und Fahr­zeug­schlüs­sel über­ge­ben. Spä­ter wur­den die Fahr­zeu­ge von der Poli­zei beschlag­nahmt und in Ver­wah­rung genommen.

Die Klä­ge­rin hat die Beklag­te unter ande­rem auf Zustim­mung zur Her­aus­ga­be der bei­den Fahr­zeu­ge aus dem Poli­zei­ge­wahr­sam an sie — die Klä­ge­rin — sowie auf Her­aus­ga­be der Fahr­zeug­schlüs­sel und Fahr­zeug­pa­pie­re in Anspruch genom­men. Die Par­tei­en haben dar­über gestrit­ten, ob die Beklag­te von der Lea­sing­neh­me­rin D., die unstrei­tig nicht Eigen­tü­me­rin des Fahr­zeugs war, gut­gläu­big Eigen­tum erwor­ben hat.

Das Land­ge­richt Koblenz hat die Kla­ge abge­wie­sen. Die hier­ge­gen ein­ge­leg­te Beru­fung der Klä­ge­rin hat­te weit über­wie­gend Erfolg, so Fischer.

Das Ober­lan­des­ge­richt Koblenz hat die Beklag­te unter ande­rem ver­ur­teilt, der Her­aus­ga­be der bei­den Fahr­zeu­ge an die Klä­ge­rin zuzu­stim­men sowie Fahr­zeug­schlüs­sel und Fahr­zeug­pa­pie­re her­aus­zu­ge­ben, aller­dings nur Zug um Zug gegen Erstat­tung von Kos­ten, die der Beklag­ten wäh­rend ihrer Besitz­zeit ent­stan­den sind; fer­ner hat das Ober­lan­des­ge­richt antrags­ge­mäß fest­ge­stellt, dass die Beklag­te nicht Eigen­tü­me­rin der bei­den Fahr­zeu­ge gewor­den ist.

Der zustän­di­ge 6. Zivil­se­nat des Ober­lan­des­ge­richts Koblenz hat in sei­nem Urteil vom 28. Okto­ber 2010 deut­sches Recht auf den Anspruch der Klä­ge­rin und die Eigen­tums­ver­hält­nis­se ange­wandt und einen Her­aus­ga­be­an­spruch aus dem Gesichts­punkt der unge­recht­fer­tig­ten Berei­che­rung bejaht (§ 812 BGB). Die Klä­ge­rin habe ihre ursprüng­li­che Stel­lung als Eigen­tü­me­rin nicht infol­ge der Ver­äu­ße­rung der bei­den Fahr­zeu­ge von der Lea­sing­neh­me­rin (D.) an die Beklag­te ver­lo­ren. Da die Fir­ma D. nicht zur Ver­äu­ße­rung der Fahr­zeu­ge berech­tigt gewe­sen sei, kön­ne die Beklag­te das Eigen­tum nur erlangt haben, wenn sie bei der Über­ga­be in gutem Glau­ben gewe­sen wäre (§ 932 BGB). Dies sei nicht der Fall, weil die Beklag­te es in grob fahr­läs­si­ger Wei­se unter­las­sen habe, sich Kennt­nis über das Eigen­tum an den von ihr gekauf­ten Fahr­zeu­gen zu verschaffen.

Zu den Min­dest­vor­aus­set­zun­gen des gut­gläu­bi­gen Erwerbs eines gebrauch­ten in Deutsch­land zuge­las­se­nen Kraft­fahr­zeugs gehö­re, dass sich der Käu­fer die Zulas­sungs­be­schei­ni­gung Teil II — frü­her: den Kraft­fahr­zeug­brief — vor­le­gen las­se, um die Berech­ti­gung des Ver­äu­ße­rers über­prü­fen zu kön­nen. Beim Erwerb eines im Aus­land ange­mel­de­ten Wagens dür­fe der Käu­fer kei­nes­falls weni­ger Vor­sicht wal­ten las­sen, als wenn er ein in Deutsch­land zuge­las­se­nes Fahr­zeug erwer­be. Im Gegen­teil sei­en beim Kauf eines Aus­lands­fahr­zeugs im Inland im Hin­blick auf mög­li­che Beson­der­hei­ten aus­län­di­scher Kfz-Papie­re gestei­ger­te Anfor­de­run­gen zu stel­len. Not­falls müs­se der Käu­fer die Hil­fe eines sprach­kun­di­gen und mit den im Zulas­sungs­staat gel­ten­den Regeln ver­trau­ten Fach­manns in Anspruch zu neh­men, um die Eigen­tums­la­ge zu klä­ren. Dies habe die Beklag­te unterlassen.

Spä­tes­tens bei Befra­gung einer fach­kun­di­gen Per­son hät­te die Beklag­te Kennt­nis davon erlangt, dass für in Bel­gi­en zuge­las­se­ne Kraft­fahr­zeu­ge ein der Zulas­sungs­be­schei­ni­gung Teil II ver­gleich­ba­res Papier nicht aus­ge­stellt wer­de und der bel­gi­sche Kenn­zei­chen­nach­weis (“Ken­te­ken­be­wijs”), wel­cher von der Fir­ma D. anläss­lich der Ver­äu­ße­rung der Kraft­fahr­zeu­ge vor­ge­legt wor­den war, zum Nach­weis ihrer Ver­fü­gungs­be­rech­ti­gung nicht geeig­net sei. Wei­ter wäre die Beklag­te, wenn sie sich in der gebo­te­nen Wei­se kun­dig gemacht hät­te, dar­über infor­miert wor­den, dass in Bel­gi­en der Nach­weis des Eigen­tums an einem Gebraucht­wa­gen übli­cher­wei­se durch die Vor­la­ge der Rech­nung geführt wer­de, die dem spä­te­ren Ver­käu­fer (hier: D.) beim Erwerb des Fahr­zeugs aus­ge­stellt wird. Damit bestehe eine Mög­lich­keit, das Eigen­tum an Fahr­zeu­gen mit bel­gi­scher Zulas­sung in ähn­lich zuver­läs­si­ger Wei­se zu bele­gen wie durch eine deut­sche Zulas­sungs­be­schei­ni­gung Teil II. Die Vor­la­ge eines sol­chen Bele­ges sei daher beim Erwerb eines Fahr­zeugs auch nach deut­schem Recht als Min­dest­vor­aus­set­zung des guten Glau­bens zu ver­lan­gen, wenn ande­re Mit­tel zur Klä­rung der Eigen­tums­la­ge nicht zur Ver­fü­gung stün­den. Ent­spre­chen­de Rech­nun­gen über den vor­an­ge­gan­ge­nen Erwerb der Fahr­zeu­ge hat­te die Fir­ma D. der Beklag­ten jedoch nicht vorgelegt.

Auf Erklä­run­gen der Ver­äu­ße­rin, das Eigen­tum sei auf sie über­ge­gan­gen, auf die Vor­la­ge sämt­li­cher Fahr­zeug­schlüs­sel und Ver­si­che­rungs­pa­pie­re beim Ver­kauf und auf das Feh­len eines — nach dem Vor­trag der Beklag­ten in Bel­gi­en übli­chen — fest ange­brach­ten Hin­wei­ses auf das Eigen­tum der Lea­sing­ge­be­rin (hier: der Klä­ge­rin) habe sich die Beklag­te nicht ver­las­sen dür­fen. Zu wei­ter­ge­hen­den Nach­for­schun­gen habe ins­be­son­de­re auch des­halb Anlass bestan­den, weil in dem von der Fir­ma D. beim Ver­kauf vor­ge­leg­ten “Ken­te­ken­be­wijs” nicht die­se, son­dern die Klä­ge­rin als Hal­te­rin aus­ge­wie­sen gewe­sen sei.

Die Beklag­te, die nicht Eigen­tü­me­rin der Fahr­zeu­ge gewor­den ist, hat des­halb die Zustim­mung zur Her­aus­ga­be der von der Poli­zei ver­wahr­ten Fahr­zeu­ge zu ertei­len und die Fahr­zeug­schlüs­sel und Fahr­zeug­pa­pie­re her­aus­zu­ge­ben, aber nur gegen gleich­zei­ti­ge Erstat­tung der soge­nann­ten not­wen­di­gen Ver­wen­dun­gen. Hier­un­ter fal­len alle erfor­der­li­chen Repa­ra­tur- und War­tungs­ar­bei­ten, die die Beklag­te erbracht hat, um die Ver­kehrs­si­cher­heit der Fahr­zeu­ge zu erhal­ten und die der Wert­erhal­tung die­nen. Das Urteil des Ober­lan­des­ge­richts Koblenz ist rechtskräftig.

Fischer riet, dies zu beach­ten und in allen Zwei­fels­fäl­len unbe­dingt recht­li­chen Rat in Anspruch zu neh­men, wobei er dabei u. a. auch auf den VdVKA — Ver­band deut­scher Ver­kehrs­rechts­an­wäl­te e. V. — www.vdvka.de — verwies.

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