(Kiel) Halter von Fahrzeugflotten wie zum Beispiel Mietwagenunternehmen, Leasinggesellschaften, Transport- und Taxiunternehmen müssen sich berufsbedingt wohl oder übel häufig mit Verkehrsunfällen ihrer Flottenfahrzeuge beschäftigen.

Bei der Regulierung der Unfallschäden, so der Moerser Fachanwalt für Verkehrs- und Strafrecht Bertil Jakobson vom VdVKA – Verband deutscher VerkehrsrechtsAnwälte e. V. mit Sitz in Kiel sowie gleichzeitiger Vizepräsident des VdSRV-Verband deutscher StrafrechtsAnwälte und Strafverteidiger e. V., auch aus eigener Erfahrung, kommt es dann häufig in der Praxis zu Streitigkeiten mit der jeweiligen Kfz-Haftpflichtversicherung des Unfallgegners, welche typischerweise darum bemüht ist, den von ihr zu regulierenden Schaden so gering wie möglich zu halten.

Nach dem klaren Wortlaut des Gesetzes besteht grundsätzlich ein Anspruch des Geschädigten auf den erforderlichen Geldbetrag, wenn wegen der Beschädigung einer Sache – wie zum Beispiel dem Fahrzeug einer Fahrzeugflotte – Schadenersatz zu leisten ist, § 249 II S. 1 BGB.

Ein Zankapfel kann dann unter anderem die Frage werden, ob der Halter einer Fahrzeugflotte als Geschädigter insbesondere auch einen Anspruch auf Erstattung der durch die Einschaltung eines eigenen Anwaltes entstandenen Rechtsverfolgungskosten hat.

In der Praxis kann immer wieder beobachtet werden, so Jakobaon, dass Schadenabteilungen von Kfz-Haftpflichtversicherung eine fast 20 Jahre alte Entscheidung des Bundesgerichtshofes (BGH – Urteil vom 8. November 1994 – VI ZR 3/94) bemühen, um die Erstattung der Anwaltskosten des Geschädigten abzulehnen. In dieser Entscheidung hatte der BGH seinerzeit u.a. wörtlich ausgeführt, dass

„(…) für den Fall, dass die Verantwortlichkeit für den Schaden und damit die Haftung von vornherein nach Grund und Höhe derart klar ist, dass aus der Sicht des Geschädigten kein vernünftiger Zweifel daran bestehen kann, dass der Schädiger ohne weiteres seiner Ersatzpflicht nachkommen werde, es grundsätzlich nicht erforderlich sein wird, schon für die erstmalige Geltendmachung des Schadens gegenüber dem Schädiger bzw. seiner Versicherung einen Rechtsanwalt hinzuzuziehen. (…)“

Diese Entscheidung hatte einen Sachverhalt zum Gegenstand, bei dem die Autobahneinrichtung einer Leitplanke beschädigt worden ist.

Unter Zitierung dieser Entscheidung wird immer wieder der Versuch unternommen, die Regulierung der Kosten für die Einschaltung eines Rechtsanwaltes abzulehnen.

Diese Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist aber bei genauerer Betrachtung auf die „typischen“ Verkehrsunfälle von Haltern von Fahrzeugflotten deswegen nicht anwendbar, weil bei letzteren regelmäßig mindestens zwei Kraftfahrzeuge involviert sind.

Mit anderen Worten: Wenn ein Kfz gegen eine Leitplanke fährt und diese beschädigt, ist dies ein völlig anderer Lebenssachverhalt als derjenige, bei dem z.B. zwei Fahrzeuge im Straßenverkehr miteinander streifend oder frontal kollidieren.

Dennoch führen Schadenabteilungen der Kfz-Haftpflichtversicherungen häufig das Argument ins Felde, Halter einer Fahrzeugflotte seien regelmäßig geschäftlich versiert könnten daher einen Verkehrsunfall ohne Einschaltung eines externen Rechtsanwaltes bearbeiten. Diesen blumigen Ausführungen wird jedoch nahezu einhellig von der Rechtsprechung der Amts-und Landgerichte eine klare Absage erteilt.

Die wesentlichen Leitlinien dieser Rechtsprechung lauten in etwa wie folgt:

1.
Das „Regulierungsverhalten“ einiger Versicherer hat selbst maßgeblich dazu beigetragen, dass infolgedessen eine nicht mehr überschaubare Rechtsprechung zu ersatzfähigen Unfallschäden entstanden ist. Allein die Frage nach der zutreffenden Höhe der zu regulierenden Schadenspositionen wie z.B. Reparaturkosten und Nutzungsausfall führt dazu, dass Verkehrsunfälle nicht mehr als einfach gelagerte Fälle zu klassifizieren sind (vgl. LG Mannheim –VRR 2007, 471, 472).

2.
Aufgrund des „Regulierungsverhaltens“ einiger Versicherer befindet sich die Rechtsprechung bei Unfallschäden darüber hinaus in einem ständigen Prozess der Fortentwicklung (vgl. LG Itzehoe, Schadenpraxis 2009, Seite 31). Diese ständig im Fluss befindliche Rechtsprechung ist für einen meist rechtsunkundigen Halter einer Fahrzeugflotte nicht mehr zu überschauen.

3.
Bei einem nicht ganz einfach gelagerten Schadensfall gilt sowohl für Privatleute, als auch für Behörden oder Unternehmen (vgl. BGH NJW 1995, Seite 446), dass diese zur eigenen Müheverwaltung bei der Schadensabwicklung nicht verpflichtet sind (vgl. BGH, a.a.O.). Nach hier vertretener Rechtsansicht würde die Anerkennung einer solchen Verpflichtung auf eine unbillige Entlastung des Schädigers hinausführen und desweiteren zur Folge haben, dass der Geschädigte überobligationsmäßige Anstrengungen zu unternehmen hätte, welche dem Schädiger bzw. seiner Versicherung nicht zugutekommen dürfen.

4.
Verkehrsunfälle mit mindestens zwei Kraftfahrzeugen haben in rechtlicher Hinsicht zur Folge, dass eine Abwägung der jeweils mitwirkenden Betriebsgefahren nach § 17 II StVG vorzunehmen ist. In solchen Konstellationen, welche geradezu paradigmatisch für Verkehrsunfälle von Fahrzeugen einer Fahrzeugflotte im alltäglichen Straßenverkehr sind, ist die Einschaltung eines Rechtsanwalts grundsätzlich geboten (vgl. LG Mannheim, a.a.O.; LG Straßenverkehr, LG Itzehoe, a.a.O.).

5.
Desweiteren wurde in Einzelfällen auch dann eine Verpflichtung zur Erstattung der Rechtsverfolgungskosten angenommen, wenn u.a.

– die Rechtsabteilung einer größeren Firma nicht für die Unfallschadenabwicklung eingerichtet worden ist (AG Duisburg – Urteil vom 20. Dezember 2012 – 3 C 2446/12)

– der Versicherer selbst die Haftungslage erst nach Einsicht in die Ermittlungsakten beurteilen wollte und bei mindestens einer Schadenspositionen „Schwierigkeiten gemacht hat“ (AG Münster – Urteil vom 8. Mai 2013 – 55 C 4095/12)

– der Schädiger den Unfallort unerlaubt verlassen hat, weil dann regelmäßig eine Einsicht in die polizeilichen Ermittlungsakten erforderlich ist (AG Bad Homburg v.d.H. – Urteil vom 31. Dezember 2012 – 2 C 2061/12)
– der Versicherer während der Regulierung auch nur eine Schadensposition bestritten hat, weil dann das Argument, es habe sich um eine „ganz einfache Angelegenheit“ gehandelt, nicht mehr verfängt (AG Nürnberg – Urteil vom 18. Dezember 2012 – 13 C 6057/12)

– auch die vorherige Zahlungsverweigerung ein weiteres Argument für die Anwaltseinschaltung sein kann (AG Oldenburg – Urteil vom 18. Dezember 2012 – 6 C 6237/12)

– der Versicherer dann, wenn er sich verklagen lässt, weil er nicht freiwillig alles zahlt, sich im Nachhinein nicht darauf berufen kann, ein Anwalt sei nicht erforderlich gewesen (AG Lübeck – Urteil vom 4. Oktober 2012 – 23 C 2312/12)

– letztlich das Argument, der Halter einer Fahrzeugflotte sei geschäftlich versiert und müsse bzw. könne sich ohne anwaltlichen Beistand um die Regulierung selbst kümmern, keine allgemeingültige Geltung beansprucht (AG Hamburg St. Georg – Urteil vom 21. April 2011 – 915 C 520/10).

Nach alldem kann Unternehmen und insbesondere Haltern von Fahrzeugflotten nur angeraten werden, bei der außergerichtlichen Regulierung von Verkehrsunfällen ihrer Flottenfahrzeuge nicht auf die Inanspruchnahme anwaltlichen Beistands zu verzichten.

Die vorgenannten Ausführungen dokumentieren, dass die Rechtsprechung regelmäßig auf Seiten des geschädigten Halters einer Fahrzeugflotte steht.

Jakobson riet, dies zu beachten und in allen Zweifelsfällen unbedingt rechtlichen Rat in Anspruch zu nehmen, wobei er dabei u. a. auch auf den VdVKA – Verband deutscher Verkehrsrechtsanwälte e. V. – www.vdvka.de – verwies.

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