(Kiel) Der Bun­des­ge­richts­hof hat sich in einer Ent­schei­dung mit der Fra­ge beschäf­tigt, unter wel­chen Umstän­den ein Sach­man­gel “uner­heb­lich” im Sin­ne des § 323 Abs. 5 Satz 2 BGB ist, so dass der Käu­fer vom Kauf­ver­trag nicht zurück­tre­ten kann.

Dar­auf ver­weist der Erlan­ger Fach­an­walt für Ver­kehrs­recht Mar­cus Fischer, Vize­prä­si­dent des VdVKA — Ver­band deut­scher Ver­kehrs­rechts­An­wäl­te e. V. mit Sitz in Kiel, unter Hin­weis auf die Mit­tei­lung des Bun­des­ge­richts­hofs (BGH) vom 28.05.2014 zu sei­nem Urteil vom sel­ben Tage, Az. VIII ZR 94/13.

Der Klä­ger begehrt von dem beklag­ten Auto­haus die Rück­ab­wick­lung eines Kauf­ver­trags über einen zum Preis von 29.953 € erwor­be­nen Neu­wa­gen. Nach der Über­ga­be des Fahr­zeugs mach­te er ver­schie­de­ne Män­gel gel­tend, unter ande­rem Fehl­funk­tio­nen des akus­ti­schen Signals und das völ­li­ge Feh­len des opti­schen Signals der Ein­park­hil­fe. Wegen der Män­gel such­te er wie­der­holt das Auto­haus der Beklag­ten und eine ande­re Ver­trags­werk­statt auf und setz­te schließ­lich – erfolg­los – in Bezug auf eini­ge Män­gel, dar­un­ter die Män­gel an der Ein­park­hil­fe, eine letz­te Frist zur Män­gel­be­sei­ti­gung. Die Beklag­te teil­te dem Klä­ger hier­auf schrift­lich mit, die Ein­park­hil­fe funk­tio­nie­re nach einem vor­an­ge­gan­ge­nen Nach­bes­se­rungs­ver­such ein­wand­frei und ent­spre­che dem Stand der Tech­nik. Der Klä­ger erklär­te dar­auf­hin den Rück­tritt vom Kauf­ver­trag. Mit sei­ner Kla­ge begehrt er die Rück­zah­lung des Kauf­prei­ses abzüg­lich einer Nut­zungs­ent­schä­di­gung, ins­ge­samt 27.257,23 €.

Das Land­ge­richt hat die Kla­ge nach Ein­ho­lung eines Sach­ver­stän­di­gen­gut­ach­tens abge­wie­sen. Die hier­ge­gen gerich­te­te Beru­fung des Klä­gers hat kei­nen Erfolg gehabt. Das Beru­fungs­ge­richt hat unter Zugrun­de­le­gung des Sach­ver­stän­di­gen­gut­ach­tens fest­ge­stellt, das Fahr­zeug sei inso­weit man­gel­haft, als die Sen­so­ren der Ein­park­hil­fe in fal­scher Höhe und mit fal­schem Abstand zuein­an­der ein­ge­baut sei­en, was dazu füh­re, dass die Ein­park­hil­fe immer wie­der Warn­si­gna­le ohne erkenn­ba­res Hin­der­nis abge­be. Der Man­gel­be­sei­ti­gungs­auf­wand betra­ge gemäß dem Gut­ach­ten des Sach­ver­stän­di­gen 1.958,85 €. Der Rück­tritt sei jedoch gemäß §§ 440, 323 Abs. 5 Satz 2 BGB aus­ge­schlos­sen, da die Man­gel­be­sei­ti­gungs­kos­ten zehn Pro­zent des Kauf­prei­ses nicht über­stie­gen und die in der Man­gel­haf­tig­keit der Kauf­sa­che lie­gen­de Pflicht­ver­let­zung des­halb uner­heb­lich, der Man­gel also gering­fü­gig sei. Die vom Beru­fungs­ge­richt zuge­las­se­ne Revi­si­on hat­te Erfolg und führ­te zur Zurück­ver­wei­sung des Rechts­streits an das Berufungsgericht.

Der unter ande­rem für das Kauf­recht zustän­di­ge VIII. Zivil­se­nat des Bun­des­ge­richts­hofs hat ent­schie­den, dass bei einem beheb­ba­ren Sach­man­gel die Erheb­lich­keits­schwel­le des § 323 Abs. 5 Satz 2 BGB im Rah­men der auf der Grund­la­ge der Ein­zel­fall­um­stän­de vor­zu­neh­men­den Inter­es­sen­ab­wä­gung in der Regel bereits dann erreicht ist, wenn der Män­gel­be­sei­ti­gungs­auf­wand einen Betrag von fünf Pro­zent des Kauf­prei­ses über­schrei­tet. Von einem gering­fü­gi­gen Man­gel, der zwar den Rück­tritt, nicht aber die übri­gen Gewähr­leis­tungs­rech­te aus­schließt, kann hin­ge­gen in der Regel noch gespro­chen wer­den, wenn der Män­gel­be­sei­ti­gungs­auf­wand die vor­ge­nann­te fle­xi­ble Schwel­le von fünf Pro­zent des Kauf­prei­ses nicht über­steigt. Eine gene­rel­le Erhö­hung der Erheb­lich­keits­schwel­le über die­sen Pro­zent­satz hin­aus ist mit dem durch den Geset­zes­wort­laut und durch die Geset­zes­ma­te­ria­li­en klar zum Aus­druck gebrach­ten Wil­len des Gesetz­ge­bers, dem Sinn und Zweck des § 323 Abs. 5 Satz 2 BGB sowie der Sys­te­ma­tik der Rech­te des Käu­fers bei Sach­män­geln nicht zu ver­ein­ba­ren. Die Erheb­lich­keits­schwel­le von (nur) fünf Pro­zent des Kauf­prei­ses steht im Ein­klang mit den Vor­ga­ben der EU-Verbrauchsgüterkaufrichtlinie.

Da im vor­lie­gen­den Fall bereits für die Besei­ti­gung der vom Beru­fungs­ge­richt fest­ge­stell­ten Fehl­funk­ti­on der Ein­park­hil­fe ein die oben genann­te Erheb­lich­keits­schwel­le über­stei­gen­der Auf­wand in Höhe von 6,5 Pro­zent des Kauf­prei­ses erfor­der­lich ist und das Beru­fungs­ge­richt kei­ne beson­de­ren Umstän­de fest­ge­stellt hat, die es recht­fer­tig­ten, den Man­gel gleich­wohl aus­nahms­wei­se als uner­heb­lich anzu­se­hen, ist der vom Klä­ger erklär­te Rück­tritt vom Kauf­ver­trag nicht gemäß § 323 Abs. 5 Satz 2 BGB aus­ge­schlos­sen. Das Beru­fungs­ur­teil war daher auf­zu­he­ben und der Rechts­streit zur Fest­stel­lung der Höhe der vom Käu­fer auf­grund des Rück­tritts geschul­de­ten Nut­zungs­ent­schä­di­gung an das Beru­fungs­ge­richt zurückzuverweisen.

Fischer riet, dies zu beach­ten und in allen Zwei­fels­fäl­len unbe­dingt recht­li­chen Rat in Anspruch zu neh­men, wobei er dabei u. a. auch auf den VdVKA — Ver­band deut­scher Ver­kehrs­rechts­an­wäl­te e. V. – www.vdvka.de — verwies.

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