(Kiel) Mit Urteil vom 3. Februar 2014 hat das Oberlandesgericht Koblenz (Az. 12 U 607/13) entscheiden, dass im Einzelfall auch ein betrunkener Raser Anspruch auf Schadenersatz hat, sofern diese Umstände keinen Einfluss auf den Ursachenhergang eines Verkehrsunfalls hatten.

Darauf verweist der Moerser Fachanwalt für Straf- und Verkehrsrecht Bertil Jakobson, Mitglied des VdVKA – Verband deutscher VerkehrsrechtsAnwälte e. V. mit Sitz in Kiel sowie Vizepräsident des Deutscher Strafverteidiger Verbandes (DSV) e. V. mit Sitz in Worms.

Was war passiert? Es kam zu einem Verkehrsunfall auf einer Bundesautobahn. Die Klägerin machte Schadensersatzansprüche geltend, wobei der Fahrer ihres Fahrzeuges die zulässige Höchstgeschwindigkeit um wenigstens 30 km/h überschritten hatte und volltrunken mit 1,9 Promille – und damit in einen Zustand absoluter Fahruntüchtigkeit – das Fahrzeug der Klägerin führte.

Dieser Fahrer fuhr auf ein anderes Fahrzeug hinten auf. Dabei blieb nach durchgeführter Beweisaufnahme allerdings unklar, wie es genau zu der Kollision mit dem anderen am Unfall beteiligten Fahrzeug kam. Es bestanden sowohl die Möglichkeit, dass der Auffahrunfall auf eine verspätete Reaktion des Auffahrenden zurückzuführen war, als auch die alternative Möglichkeit, dass (kurz) vor dem Unfall ein unachtsamer Fahrstreifenwechsel durch das andere Fahrzeug in die Spur des später Auffahrenden stattgefunden hatte. Aufgrund des unaufklärbaren Unfallgeschehens entschied das Oberlandesgericht Koblenz rechtlich zutreffend und konsequent, dass von einer hälftigen Haftungsverteilung auszugehen ist. Im Ergebnis führte dies dazu, dass die Klägerin Schadenersatz in Höhe von 50% der von ihr geltend gemachten Ansprüche erhielt.

  • Wie kam es zu diesem Gerichtsurteil?

Im vorstehenden Sachverhalt lässt sich relativ schnell die eher intuitive Erkenntnis erarbeiten, dass ein betrunkener Raser, wenn es zu einem Verkehrsunfall kommt, diesen alleinschuldhaft verursacht „haben muss“, weil er eben im betrunkenen Zustand zu schnell gefahren ist. Dies ist jedoch falsch. Rechtsanwalt Jakobson erklärt, dass immer die genauen Umstände des Einzelfalles berücksichtigt werden müssen. Bei der Frage Haftungsverteilung im Rahmen eines Verkehrsunfalls können nur solche Umstände berücksichtigt werden, die zu Überzeugung des Gerichts erwiesen sind. Wenn es sich jedoch – wie im vorliegenden Einzelfall – um einen sog. unaufklärbaren Sachverhalt handelt, ist eine hälftige Haftungsteilung geboten.

Dies folgt, so Rechtsanwalt Jakobson weiter, aus folgenden Überlegungen: Im hier entschiedenen Sachverhalt konnte nicht beurteilt werden, ob es dem Fahrer des klägerischen Fahrzeuges möglich gewesen wäre, unter Einhaltung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit und nüchternen Zustand den Unfall zu verhindern (so können zum Beispiel auch eine fehlende Fahrerlaubnis sowie Verstöße gegen die Zulassung-und Versicherungspflicht des Fahrzeugführers außer Betracht bleiben, wenn sich diese nicht auf den Unfall ausgewirkt haben).

Es handelt sich um die Grundtendenz von Menschen, so Jakobson weiter, die Vergangenheit falsch zu erklären, zu begründen und zu rekonstruieren. Das kann im Einzelfall, wenn dieser Fehlschluss unbemerkt bleibt, zu einem objektiv falschen Gerichtsurteil führen: So wenn ein betrunkener Raser z.B. keinen Schadenersatz erhält, obwohl seine Alkoholisierung und Raserei nicht erwiesenermaßen den Hergang eines Verkehrsunfalls beeinflusst hatten. Selbiges gilt übrigens auch für Strafverfahren, wenn Angeklagte für eine Tat verurteilt werden, die auch ohne ihr Fehlverhalten unter sonst gleiche Umständen eingetreten wäre.

Jakobson riet, dies zu beachten und in allen Zweifelsfällen unbedingt rechtlichen Rat in Anspruch zu nehmen, wobei er dabei u. a. auch auf den VdVKA – Verband deutscher Verkehrsrechtsanwälte e. V. – www.vdvka.de – verwies.

 

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Fachanwalt für Strafrecht Mitglied des VdVKA – Verband Deutscher VerkehrsrechtsAnwälte e. V., sowie
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