OLG Karlsruhe, Beschluss vom 29.09.2025, AZ 1 ORbs 340 SsBs 403/25
Ausgabe: 08/09 – 2025
1. Sieht der Tatrichter von der Verhängung eines Fahrverbots gegen den (auf die Einlegung eines Rechtsmittels gegen das Urteil verzichtenden) Betroffenen ab und stellt der Staatsanwaltschaft, die an der Hauptverhandlung nicht teilgenommen und für den Fall des Absehens von der Verhängung eines Fahrverbots eine schriftliche Urteilsbegründung gemäß § 77b Abs. 1 S. 2 Hs. 2 OWiG beantragt hatte, ein sog. Protokollurteil mit Tenor, aber ohne Gründe gemäß § 41 StPO zu, so kann und muss das Urteil gemäß § 77b Abs. 2 OWiG nachträglich begründet werden, wenn die Staatsanwaltschaft eine Rechtsbeschwerde einlegt. Nicht kommt es darauf an, aus welchen Gründen der Tatrichter das Protokollurteil an die Staatsanwaltschaft zugestellt hatte, insbesondere, ob er den Antrag der Staatsanwaltschaft auf Urteilsbegründung übersehen hatte.
2. Die Prüfung der Frage, ob die Würdigung der Tat und der Persönlichkeit des Betroffenen besondere Umstände ergibt, nach denen es der Warn- und Denkzettelfunktion eines Fahrverbots ausnahmsweise nicht bedarf, liegt grundsätzlich im Verantwortungsbereich des Tatrichters. Trägt der Betroffene solche Umstände vor, sind diese einer kritischen Prüfung zu unterziehen. Die vom Tatrichter zu treffenden Feststellungen müssen so umfassend sein, dass sie dem Rechtsbeschwerdegericht die Annahme eines Ausnahmefalls nachvollziehbar erscheinen lassen.
Weitere Informationen: https://www.landesrecht-bw.de/bsbw/document/NJR…