LG Stralsund, Beschluss vom 29.09.2025, AZ 2 O 261/24

Ausgabe: 08/09 – 2025

Leitsatz:

Zur wechselseitigen Neutralisierung von Anscheinsbeweislagen, die jeweils für sich betrachtet zu einer Alleinhaftung eines Unfallbeteiligten führen würden, hier konkret in dem Fall, dass es zur Kollision zwischen dem Vorfahrtsverpflichteten mit dem die Kreuzung „schneidenden“ Vorfahrtsberechtigten kommt.(Rn.13)

Orientierungssatz:

1. Eine Verkehrskollision zwischen einem Vorfahrtsberechtigten und einem wartepflichtigen Unfallbeteiligten kann trotz jeweils haftungsbegründender Anscheinsbeweislagen zu einer hälftigen Mithaftung führen, wenn die Beweislagen sich gegenseitig neutralisieren (Anschluss OLG Koblenz, Beschluss vom 15. September 2021 – 12 U 1039/21).(Rn.13)

2. Das „Schneiden“ eines Kreuzungs- oder Einmündungsbereichs begründet typischerweise eine Anscheinsbeweislage für eine Alleinhaftung des Fahrers, die jedoch durch ein eigenes Fehlverhalten des Gegners kompensiert werden kann.(Rn.14)

3. Ein Vorfahrtsverstoß bleibt auch dann haftungsrelevant, wenn sich das wartepflichtige Fahrzeug auf der rechten Fahrbahnhälfte der bevorrechtigten Straße befindet.(Rn.15)

4. Eine hälftige Mithaftung setzt die gleichwertige Berücksichtigung der jeweils unfallursächlichen Betriebsgefahr und Verursachungsanteile beider Fahrzeuge voraus, wobei verkehrstechnische Vorteile wie der Stillstand im Kollisionszeitpunkt durch andere Aspekte kompensiert sein können.(Rn.16)

5. Die Unkostenposition für allgemeine Schadensregulierungskosten ist regelmäßig mit 25,00?€ zu bemessen; weitergehende Ansätze bedürfen einer besonderen Begründung (Anschluss BGH, Urteil vom 17. Januar 2023 – VI ZR 203/22).(Rn.18)

Weitere Informationen: https://www.landesrecht-mv.de/bsmv/document/NJR…