LG Freiburg, Beschluss vom 29.09.2025, AZ 8 O 114/25
Ausgabe: 08/09 – 2025
1. Ein Haftungsgrund bezüglich des Differenzschadens liegt vor, wenn der Fahrzeughersteller in Form des Thermofensters schuldhaft gegen die §§ 6 Abs. 1, 27 Abs. 1 EG-FGV verstoßen hat. Dies ist der Fall, wenn die Abgasrückführung in dem Fahrzeug ab einer Außentemperatur von unter 16 °C reduziert wird und damit die Funktion des Emissionskontrollsystems verringert wird. Ein solches Thermofenster genügt nicht den gesetzlichen Anforderungen (Anschluss OLG Brandenburg, Urteil vom 16. April 2025 – 4 U 112/24).(Rn.20)
2. Der Fahrzeughersteller muss, wenn er eine Übereinstimmungsbescheinigung trotz der Verwendung einer unzulässigen Abschalteinrichtung ausgegeben und dadurch die §§ 6 Abs. 1, 27 Abs. 1 EG-FGV verletzt hat, Umstände darlegen und beweisen, die sein Verhalten ausnahmsweise nicht als fahrlässig erscheinen lassen (Anschluss BGH, Urteil vom 26. Juni 2023 – VIa ZR 335/21).(Rn.21)
3. Ein Fahrzeughersteller, der sich durch einen unvermeidbaren Verbotsirrtum entlasten will, muss sowohl den Verbotsirrtum als solchen als auch die Unvermeidbarkeit des Verbotsirrtums konkret darlegen und beweisen.(Rn.22)
4. Die Schätzung des Differenzschadens unterliegt in den Fällen des Vertrauens eines Käufers auf die Richtigkeit der Übereinstimmungsbescheinigung bei Erwerb eines mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung versehenen Kraftfahrzeugs unionsrechtlichen Vorgaben, die das Schätzungsermessen innerhalb einer Bandbreite zwischen 5% und 15% des gezahlten Kaufpreises rechtlich begrenzen (Anschluss BGH, Urteil vom 26. Juni 2023 – VIa ZR 335/21). Die fahrlässige Erteilung einer wegen der Installation einer unzulässigen Abschalteinrichtung in Form eines Thermofensters unzutreffenden Übereinstimmungsbescheinigung ist innerhalb dieses Schadensrahmens als mittelschwerer Fall einzuordnen (vorliegend mit 10% des Kaufpreises).(Rn.25) (Rn.27)
Weitere Informationen: https://www.landesrecht-bw.de/bsbw/document/NJR…