(Kiel) Stoßen ein vorausfahrendes und ein nachfahrendes Fahrzeug beim Rechtsüberholen des Nachfahrers auf der Gabelung einer Autobahnabfahrt zusammen, kommt eine hälftige Haftung beider Beteiligten für den Unfallschaden in Betracht, wenn der Vorausfahrer seiner Rückschaupflicht nicht genügt und der Nachfahrer verkehrswidrig rechts zu überholen versucht hat.

Darauf verweist der Bad Nauheimer Fachanwalt für Verkehrsrecht Romanus Schlemm, Vizepräsident des VdVKA – Verband deutscher VerkehrsrechtsAnwälte e. V. mit Sitz in Kiel, unter Hinweis auf die Mitteilung des Oberlandesgerichts Hamm vom 8.09.2016 zu seinem Urteil vom 03.06.2016 (7 U 14/16).

Die Ehefrau des Klägers aus Paderborn befuhr im Juni 2015 mit seinem PKW Peugeot 407 die Abfahrt Paderborn-Elsen der Bundesautobahn 33, die sich im weiteren Straßenverlauf ohne vorfahrtsregelnde Verkehrszeichen gabelt. Im Bereich der Gabelung kam es zur streifenden Kollision zwischen dem vorausfahrenden klägerischen Fahrzeug und dem von der Erstbeklagten aus Hagen gesteuerten Taxi, einem PKW VW Caddy, dessen Halter der Zweitbeklagte aus Herdecke ist. Der Unfall ereignete sich, weil das Taxi zur rechtsseitigen Vorbeifahrt am Fahrzeug des Klägers in den rechten Schenkel der Gabelung angesetzt hatte, als die Ehefrau des Klägers ebenfalls diesen Schenkel der Gabelung ansteuerte. Den ihm durch den Verkehrsunfall entstandenen Sachschaden in Höhe von ca. 4.300 Euro hat der Kläger von den Beklagten und der mitverklagten Haftpflichtversicherung ersetzt verlangt.

Das Schadensersatzbegehren des Klägers war zur Hälfte erfolgreich. Der 7. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Hamm hat dem Kläger ca. 2.150 Euro Schadensersatz zugesprochen. Der Unfall sei, so der Senat, von beiden Fahrzeugführerinnen mitverschuldet worden, dies rechtfertige eine 50 %-ige Haftungsquote.

Gabele sich eine Straße ohne vorfahrtsregelnde Verkehrszeichen in zwei Schenkel, so beurteilten sich die straßenverkehrsrechtlichen Pflichten danach, ob ein Straßenschenkel nach vernünftiger Verkehrsauffassung als Fortsetzung der bisherigen Fahrtrichtung anzusehen sei. In diesem Fall stelle das Befahren dieses Schenkels keine Änderung der Fahrtrichtung dar. Nur der Kraftfahrer, der dann den anderen Schenkel befahre, ändere seine Fahrtrichtung und habe sich entsprechend zu verhalten.

Sei allerdings – wie im vorliegenden Fall – keiner der Schenkel deutlich als Fortsetzung der bisherigen Straße zu erkennen, ändere jeder Fahrzeugführer beim Einfahren in einen der beiden Schenkel seine Fahrtrichtung. Dementsprechend habe er dies als Abbiegen unter Benutzung der Fahrtrichtungsanzeiger und durch ein Sicheinordnen anzukündigen sowie – der Straßenverkehrsordnung entsprechend – auf den nachfolgenden Verkehr zu achten.

Gegen diese Pflichten hätten beide Fahrerinnen der am Unfall beteiligten Fahrzeuge verstoßen. Die Fahrerin des klägerischen Fahrzeugs habe den Pflichten nicht genügt, weil sie beim Abbiegen in den rechten Fahrbahnschenkel nicht ausreichend auf den rückwärtigen Verkehr und damit auf das Fahrzeug der Beklagten geachtet und sich zunächst auch eher mittig auf der Fahrbahn orientiert habe. Von diesen Verhalten sei nach der durchgeführten Beweisaufnahme auszugehen. Die Erstbeklagte, Fahrerin des VW Caddy, habe demgegenüber vor dem Zusammenstoß verkehrswidrig versucht, rechts zu überholen. Rechts dürfe nur derjenige Verkehrsteilnehmer überholt werden, der seine Absicht, nach links abzubiegen, angekündigt und sich entsprechend eingeordnet habe. Von der Absicht, nach links abzubiegen, habe die Erstbeklagte beim klägerischen Fahrzeug nicht ausgehen können. An diesem sei bereits der linke Fahrtrichtungsanzeiger nicht gesetzt gewesen.

Schlemm empfahl, die Entscheidung zu beachten und in derartigen Fällen rechtlichen Rat in Anspruch zu nehmen, wobei er dabei u. a. auch auf die Anwälte und Anwältinnen in dem VdVKA – Verband deutscher Verkehrsrechtsanwälte e. V. – www.vdvka.de – verwies.

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